Sie springen ein, wenn Kinder fehlen

In Langförden sind auch erwachsene Frauen Messdiener

Männer helfen in vielen Gemeinden als Messdiener aus. Weil Kinder nachmittags oft Unterricht haben und keine Zeit für Beerdigungen. Frauen als Messdiener finden sich eher selten. In Langförden gibt es sie.

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Routine – das trifft die Sache, auch wenn es anfangs ungewohnt war, als 2012 zum ersten Mal Frauen in Langförden Wein- und Wasserkännchen zum Altar brachten, zur Wandlung schellten oder das Weihrauchfässchen schwenkten.

Damals hatte Dorit Bleischwitz sich erst einmal damit vertraut machen müssen. „Die Technik ist heute kein Problem mehr“, sagt sie, „aber wenn man das Weihrauchfässchen längere Zeit tragen muss, dann merkt man schon, dass es in die Arme geht.“

 

Kinder oft im Nachmittagsunterricht

 

Frauen als Ministrantinnen am Altar – in St. Laurentius gehört das an manchen Wochentagen und zu bestimmten Anlässen ganz selbstverständlich dazu. Etwa in morgendlichen Werktagsmessen und besonders bei Beerdigungen am Nachmittag. Zu Zeiten also, wenn Kinder knapp sind.

Das liegt in erster Linie am Nachmittagsunterricht in den meisten weiterführenden Schulen. Früher hatten fast immer ein paar Kinder nachmittags Zeit, bei einer Beerdigung zu dienen und anschließend auf dem Friedhof Kreuz oder Kerzen-Leuchter zu tragen. Heute lernen viele auch nach der Mittagspause noch Englisch oder Erdkunde.

 

Erwachsene Messdiener in Langförden seit 2012

 

Dorit Bleischwitz dagegen arbeitet nicht in Vollzeit und kann sich den Dienst zeitlich einrichten. Die gelernte Bankkauffrau konnte sich deshalb auch vorstellen, was der damalige Pfarrer Heinz Taphorn ihr vorschlug: mit ein paar anderen Frauen und Männern Gruppen mit erwachsenen Messdienern zu gründen.

Drei Gruppen gibt es jetzt. Die jüngste Frau ist 50, manche der Männer sind deutlich über 70. „Wir tauschen auch und dienen in gemischten Zusammensetzungen, je nachdem, wer gerade kann“, erklärt Dorit Bleischwitz.

 

Sie wollen Kinder am Altar nicht verdrängen

 

Hiltrud Robke zum Beispiel war erst vor vierzehn Tagen im Einsatz. Nach 30 Jahren als Hauswirtschaftsleiterin im Krankenhaus ist sie nicht mehr berufstätig und hat Zeit für den Dienst. Mittlerweile war die 53-Jährige schon auf mehreren Beerdigungen und Werktagsmessen dabei. „Üben musste ich nicht groß“, sagt sie. „Ich kannte den Ablauf ja aus den Gottesdiensten. Und Lampenfieber habe ich auch nicht.“

Die erwachsenen Messdiener in Langförden sehen sich als Ergänzung, nicht als Ersatz. Auf gar keinen Fall wollen die Frauen und Männer den Kindern etwas wegnehmen. „In Gottesdiensten am Freitagnachmittag und am Wochenende sind und bleiben die Kinder an der Reihe!“, betont Dorit Bleischwitz.

 

Spenden sind für die jungen Messdiener in Langförden

 

Auch die kleine Geldspende, die nach Beerdigungen für die beteiligten Messdiener in Langförden üblich ist, wandert nicht in die Taschen der Männer und Frauen. Das Geld geht in die Kasse der jugendlichen Messdienergemeinschaft.

Frauen am Altar, als Messdienerinnen – passt das nach Ansicht der erwachsenen Messdienerinnen in eine Zeit, in der viele Frauen für mehr Mitsprache von Frauen in der Kirche kämpfen? „Für mich spielen solche Gedanken in diesem Fall keine Rolle“, sagt Dorit Bleischwitz, „wir machen das ja in erster Linie für die Verstorbenen und ihre Familien. Um ihnen eine würdige Beerdigung zu ermöglichen.“

 

Frauen sehen es als Dienst an der Gemeinschaft

 

Hiltrud Robke hat auch schon andere kritische Anfragen an ihren Einsatz gehört: „Da ging es um die Missbrauchsfälle und die Frage, warum ich in so einer Kirche denn überhaupt noch mitmache. Aber auch für sie steht der Dienst an den Verstorbenen im Vordergrund. „Ich fände es schade, wenn sie ohne einen feierlichen Gottesdienst zu Grabe getragen würden. Dazu gehören auch Messdiener.“

„Ohne ehrenamtlichen Einsatz geht es in einer Gemeinde eben nicht“, sagt Hiltrud Robke, die auch im Vorstand der Katholischen Frauengemeinschaft mitarbeitet. „Da geht es immer auch darum, dass man für die Gemeinschaft Aufgaben übernimmt. Nicht, um dadurch im Mittelpunkt zu stehen oder damit auszudrücken, dass man alles gut und richtig findet, was zum Beispiel in der Kirche passiert. Aber dafür, dass Gemeinschaft bleibt.“ Auch beim letzten Gang.

Weibliche Messdiener
Dass heute auch Frauen als Messdienerinnen am Altar stehen, das geht zurück auf Papst Johannes Paul II. Er hat 1992 bestätigt, dass kirchenrechtlich nichts dagegen steht, dass auch Mädchen am Altar dienen können. Offiziell hatte der Vatikan den Ortsbischöfen zwei Jahre später diese Möglichkeit eingeräumt. Damit ist es nur folgerichtig, dass auch Frauen nach und nach zu den Gruppen erwachsener Messdiener gehören, die in den vergangenen Jahren in immer mehr Gemeinden entstanden sind. Diese Gruppen springen vornehmlich dann ein, wenn Schülerinnen und Schüler wegen des Nachmittagsunterrichtskeine Zeit haben. Künftig dürfte sich die Zahl der erwachsenen weiblichen Messdiener möglicherweise noch erhöhen. Denn Mädchen stellen derzeit mit 55 Prozent die Mehrheit der rund 36 000 Ministranten im Bistum Münster.

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