Jens Joest über das eigentliche Ziel der Angriffe auf den Synodalen Weg

Kirchenreformen: Die internationalen Kritiker verschleiern ihre Motive

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Bischöfe aus Polen, Skandinavien und den USA haben zuletzt den Synodalen Weg der Katholiken in Deutschland angegriffen. Dabei ist der deutsche Reformdialog nicht das eigentliche Ziel der Kritik, meint unser Redakteur Jens Joest.

Kritik ist wichtig, wenn sie sich an der Sache orientiert. Die Vorwürfe einiger ausländischer Bischöfe gegen den Synodalen Weg erwecken nicht diesen Eindruck.

Zunächst hatte die Polnische Bischofskonferenz „tiefe Besorgnis“ über das Projekt geäußert, dann die Bischofskonferenz der skandinavischen Länder, zuletzt 74 Bischöfe vor allem aus den USA. Die Argumente, die sich jeweils ähneln, mögen ehrlich gemeint sein – Konservative äußern die Sorge der Anbiederung an „Welt und Zeitgeist“, sehen die Inhalte der Heiligen Schrift und die Autorität von Lehramt und Bischöfen untergraben. Allerdings verschleiern die Kritiker das eigentliche Motiv hinter ihren Aussagen.

Es geht um die Weltsynode

Offenbar dient das – durch die Spitzentheologie der deutschen Universitäten wissenschaftlich flankierte – hiesige Projekt als Blitzableiter. Seine Kritiker verdammen den Synodalen Weg – und meinen in Wahrheit den Synodalen Prozess der Weltkirche. Sie meinen Papst Franziskus, der bei dessen Eröffnung davor warnte, sich hinter Gewissheiten und Sätzen wie „Das hat man schon immer so gemacht“ zu verbarrikadieren.

Zwar ist noch nicht einmal in Ansätzen absehbar, wohin die Weltsynode führt. Auch macht Synodalität die Kirche nicht zur Demokratie. Und noch so gut begründete Reform-Argumente sind noch keine Entscheidungen.

Gegen die Mumifizierung der Lehre

Aber die Abwehrreflexe funktionieren: „Wehret den Anfängen!“, schallt es. Denn für die Konservativen geht die Bedrohung nicht nur von Deutschland aus. Wer aber schon jede Diskussion über die Positionen der Kirche in der Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts für Häresie hält und von Schisma raunt, will die Lehre nicht bewahren, sondern mumifizieren.

Die Lehre hat sich immer gewandelt. Schon der Pflichtzölibat des Priesters ist eine im Lauf der Kirchengeschichte entwickelte Interpretation der Nachfolge Jesu. Auch daran, dass er nur Männer zu Aposteln berufen hat, gibt es heute begründete Zweifel.

Nicht Reform-Ideen stehen unter Rechtfertigungspflicht, sondern kirchliche Unbeweglichkeit. Warum sollte der permanente Wandel der katholischen Lehre nach 2000 Jahren Kirchengeschichte heute aufhören?

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