Bischof Kohlgraf nach Reise deutscher Bischöfe ins Nachbarland

Abwärts wie in den Niederlanden? Bischof in Sorge um deutsche Kirche

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Vor mehr als 50 Jahren stoppte der Vatikan den Reformkurs der niederländischen Bischöfe. Seitdem ging es bergab, heute spielt die katholische Kirche im Nachbarland fast keine Rolle mehr. Wird es in Deutschland auch so kommen?

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hofft, dass sich in Deutschland nicht wiederholt, was die katholische Kirche in den Niederlanden im Konflikt mit dem Vatikan erlebt hat. „Die Niederländer haben sich in ihrem Pastoralkonzil 1970 mit genau den Themen beschäftigt, die heute auch beim Synodalen Weg in Deutschland auf dem Tisch liegen“, sagte der Vorsitzende der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz der Katholischen Nachrichten-Agentur. Rom habe damals mit einem „kommunikativen Desaster“ die Reformbewegung gestoppt.

„Ich kann nur hoffen, und da setze ich auch auf die Gespräche zwischen deutschen Bischöfen und Rom, dass wir jetzt eine andere Form der Kommunikation und des römischen Einschreitens erleben werden“, sagte Kohlgraf. „Es wird natürlich Auswirkungen darauf haben, ob auch in Deutschland sich noch mehr Menschen enttäuscht von der Kirche verabschieden oder nicht.”

Pastoralkommission reiste in die Niederlande

Die Pastoralkommission der deutschen Bischöfe hatte vor einer Woche eine Reise in die Niederlande beendet. Im Synodalen Weg beraten Bischöfe und Laien in Deutschland über Reformen bei den Themen Macht, Rolle der Frau, Sexualmoral und priesterliche Lebensform. Der Vatikan sieht das kritisch. Er mahnte mehrfach, ein gemeinsames Leitungsorgan von Laien und Klerikern würde die Autorität der Bischöfe zu sehr einschränken.

„Ich verstehe jetzt besser, warum Rom in Habachtstellung ist“, sagte Kohlgraf. In Deutschland sei heute dieselbe Situation wie damals in den Niederlanden. „Es ging um das Verhältnis der Kirche zur modernen Welt, um Demokratie in der Kirche, um Sexualmoral und den Zölibat.“

Die Lage im Nachbarland heute

Der holländische Katechismus habe die Lehre von den Wirklichkeitserfahrungen der Menschen aus entwickelt. Rom habe das gestoppt. „Dadurch entstanden tatsächlich Traumata und Verwundungen bei vielen Menschen.“ In der Folge sei der liberale Katholizismus in den Niederlanden untergegangen.

Mehr als 60 Prozent der Niederländerinnen und Niederländer sind heute religionslos – mit steigender Tendenz. Der Anteil der Katholiken sinkt seit Jahrzehnten und beträgt derzeit 18 Prozent.

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