Hamburger Erzbischof war zuvor Personalchef und Weihbischof in Köln

Das wird Erzbischof Heße vom Kölner Gutachten vorgeworfen

  • Das Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln belastet unter anderem den Hamburger Erzbischof Stefan Heße.
  • Er war zuvor ab 2006 Personalchef und von 2012 bis 2015 Generalvikar im Erzbistum Köln.
  • Bereits im Vorfeld der Studienpräsentation bekannt gewordene Anschuldigungen hatte Heße stets zurückgewiesen.

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Das Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln belastet unter anderen den Hamburger Erzbischof Stefan Heße (54). Die Anwaltskanzlei Gercke & Wollschläger attestiert dem früheren Kölner Personalchef und Generalvikar in ihrer am Donnerstag in Köln präsentierten Untersuchung elf Pflichtverletzungen in neun Aktenvorgängen. Konkret soll Heße versäumt haben, kirchenrechtliche Voruntersuchungen zur Aufklärung von Missbrauchsvorwürfen einzuleiten oder einzelne Fälle entgegen der Vorschriften nicht nach Rom gemeldet haben.

Heße ist seit 2015 Erzbischof von Hamburg und war zuvor ab 2006 Personalchef und von 2012 bis 2015 Generalvikar im Erzbistum Köln. Bereits im Vorfeld der Studienpräsentation bekannt gewordene Anschuldigungen hatte er stets zurückgewiesen.

 

Akte „sauber“ gehalten?

 

Nach Aktenstudium und Anhörung Heßes werfen die Gutachter ihm zum Beispiel vor, sein Einverständnis gegeben zu haben, dass über ein Gespräch mit einem beschuldigten Priester kein offizielles Protokoll geführt wurde. So habe er möglicherweise die Akte des Beschuldigten „sauber“ halten wollen.

Heße erklärte gegenüber den Gutachtern, bei Übernahme des Amts des Personalchefs nicht auf den Umgang mit Missbrauchsfällen vorbereitet gewesen zu sein. Er versicherte, alle eingegangenen Verdachtsfälle an den damaligen Erzbischof gemeldet zu haben.

 

Viele Tausend Seiten Aktenmaterial

 

Die Studie hält Heße zugute, dass in seine Amtszeit als Personalchef jenes Jahr 2010 fiel, als Missbrauchsmeldungen „flutartig“ im Erzbistum Köln eingegangen und die Verantwortungsträger mit „einer neuen Dimension des Problems“ konfrontiert worden seien. Außerdem habe angesichts zahlreicher rechtlicher Änderungen in vielerlei Hinsicht Unklarheit im Hinblick auf die Rechtslage geherrscht. Heße habe sich auf den teilweise unzureichenden Rat von Offizial Günter Assenmacher (69) und der damaligen Justiziarin verlassen.

Heße sei bereit gewesen, zu allen Vorwürfen Stellung zu nehmen, sagte Studienautor Björn Gercke. Der Erzbischof habe viele Tausend Seiten Aktenmaterial vorgelegt bekommen. Zur Anhörung sei er zusammen mit seinem Anwalt und seinem Justiziar gekommen. In einigen Fällen sei es Heße gelungen, die Vorwürfe gegen ihn auszuräumen.

 

Weitere belastete Verantwortliche in Köln

 

Die Studie belastet auch den Kölner Weihbischof und früheren Generalvikar Dominikus Schwaderlapp (53), den früheren Kölner Generalvikar Norbert Feldhoff (81) sowie die bereits verstorbenen Erzbischöfe Joseph Höffner (1906-1987) und Joachim Meisner (1933-2017). Den amtierenden Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki (64), der das Gutachten in Auftrag gegeben hatte, treffen laut der Untersuchung keine Vorwürfe. In keinem einzigen Fall attestieren die Gutachter den Verantwortlichen Strafvereitelung im strafrechtlichen Sinn.

Als erste Reaktion auf die Präsentation entband Woelki Weihbischof Schwaderlapp und Offizial Assenmacher von ihren Aufgaben. Am Dienstag will er sich zu weiteren Konsequenzen äußern.

UPDATE: Mehr Informationen zu Erzbischof Heße (18.03.2021, 15:30, mn)

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