Reaktionen deutscher Bischöfe zu Initiative des Münchners Kardinals

Woelki zollt Marx Respekt für Rücktrittsgesuch

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Das Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx ist bei seinen bischöflichen Mitbrüdern in Deutschland auf Respekt gestoßen. Einige sehen darin eine Botschaft auch an andere Geistliche. Ein Überblick der Reaktionen deutscher Bischöfe und Laienvertreter.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat das Rücktrittsgesuch des Erzbischofs von München und Freising, Reinhard Marx, gewürdigt. "Ich habe großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Marx, die er in diesen für die katholische Kirche schweren Zeiten als seine persönliche Konsequenz gezogen hat", sagte Woelki am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er selbst habe bereits vergangenen Dezember Papst Franziskus gebeten, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sowie seine persönliche Verantwortung zu bewerten. "Damit habe ich mein Schicksal damals vertrauensvoll in die Hände des Papstes gegeben."

Am Freitag hatte das Münchner Erzbistum mitgeteilt, dass Marx dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. In seinem Brief an Franziskus schreibt der Kardinal: "Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten." Auch Marx wird Fehlverhalten im Umgang mit möglichen Missbrauchsfällen vorgeworfen.

 

Ackermann: Aufforderung an andere Geistliche

 

Der Trierer Bischof Stephan Ackermann sieht im Rücktrittsangebot des Münchner Kardinals und früheren Trierer Bischofs Reinhard Marx eine Aufforderung an andere Geistliche der katholischen Kirche. "Es ist offensichtlich, dass sein Schritt erneut alle deutschen Bischöfe herausfordert, sich mit der Frage nach der Verantwortungsübernahme und dem Angebot eines Rücktritts auseinanderzusetzen", erklärte Ackermann am Freitag in Trier. "Mir selbst ist diese Frage auch nicht fremd." Ackermann wolle Verantwortung übernehmen, indem er den Prozess der Aufarbeitung von Missbrauch im Bistum aktiv gestalte und die unabhängige Aufarbeitungskommission unterstützte, versicherte er.

Der Aachener Bischof Helmut Dieser, der ebenfalls aus dem Bistum Trier stammt, hat sich anerkennend zum angebotenen Amtsverzicht des Erzbischofs von München und Freising, Reinhard Marx, geäußert. "Das Rücktrittsangebot von Kardinal Marx bewegt mich tief, aber er genießt meinen großen Respekt für seine Entscheidung", teilte Dieser am Freitag in Aachen mit. "Wir stehen in der Kirche derzeit vor sehr tiefgreifenden Fragestellungen, wie wir die Lebenswirklichkeit der Menschen umfassender wahrnehmen und deutlicher auf die Lebensvollzüge der Kirche anwenden können. Dazu sind wir in guten Beratungen innerhalb des Synodalen Weges. Diesen Weg werden wir weitergehen."

 

Bode: Kein Stein bleibt auf dem anderen

 

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode zeigt sich vom Rücktrittsangebot des Erzbischofs von München und Freising, Reinhard Marx, betroffen und überrascht. "Es ist ein starkes Zeichen, und ich habe hohen Respekt", erklärte Bode am Freitag in Osnabrück. "Dieser Schritt wird, weil der Kardinal so eine wichtige Figur in der Kirche in Deutschland ist, seine Wirkung haben. Ich bedauere aber gleichzeitig sehr, dass er in Zukunft in dieser Position in der Bischofskonferenz nicht dabei sein kann."

Für die Erneuerung der Kirche brauche es starke Menschen, so Bode. Die Kirche befinde sich an einem Wendepunkt, kein Stein werde auf dem anderen bleiben. "Aber ich denke, wir müssen mit den Steinen etwas Gutes wiederaufbauen."

 

Meier: Ausrufe- du Fragezeichen zugleich

 

Der Augsburger Bischof Bertram Meier sieht im Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx "Ausrufe- und Fragezeichen zugleich". Meier sagte der "Augsburger Allgemeinen" am Freitag: "Ausrufezeichen: Bemüht euch auf dem Weg der geistlichen Erneuerung voranzuschreiten! Fragezeichen: Inwieweit gelingt es uns, angesichts der zahlreichen Herausforderungen, vor denen die Kirche in Deutschland steht, die Einheit zu wahren."

Meier ergänzte: "Sowohl der Synodale Weg als auch das Themenfeld der Aufklärung und Aufarbeitung des Missbrauchs fordern, bei aller Vielfalt, einen Schulterschluss derer, die einander den guten Willen zusprechen, mit Blick auf die Kirche sowohl aufklären als auch geistlich erneuern zu wollen." Der Synodale Weg ist die aktuelle Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland.

 

Laien: Weckruf an die Bischöfe

 

Der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, Hans Tremmel, hat das Angebot von Kardinal Reinhard Marx, auf sein Amt zu verzichten, ein "sehr starkes, ein ehrliches, ein konsequentes und glaubwürdiges Zeichen" genannt. Zugleich verbinde er damit aber die Hoffnung, dass Papst Franziskus Marx gerade jetzt nicht aus der aktuellen Verantwortung entlasse, da dieser nach wie vor weit über das Bistum hinaus eine enorm wichtige Aufgabe wahrzunehmen habe. "Gerade jetzt brauchen wir Kardinal Marx für den Synodalen Weg, weshalb ich das Angebot schon auch kritisch und ambivalent sehe."

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, geht davon aus, dass Kardinal Reinhard Marx mit seinem Rücktrittsgesuch ein Zeichen an die Bischöfe in Deutschland senden wollte. "Offenbar ist das Rücktrittsangebot vor allem als Weckruf an die Bischöfe zu verstehen", erklärte er am Freitag laut einer Mitteilung des ZdK in Bonn.

 

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