Chefredakteurin Annette Saal zur Nicht-Reaktion des Bundeskanzlers

Abbas relativiert Holocaust im Kanzleramt - so nicht, Herr Scholz!

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Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat im Kanzleramt den Holocaust relativiert und Hausherr Olaf Scholz lässt es einfach geschehen. Das geht so nicht, kommentiert „Kirche+Leben“-Chefredakteurin Annette Saal.

Das darf doch nicht wahr sein! Nach den unsäglichen Äußerungen des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas steht Bundeskanzler Olaf Scholz da wie ein begossener Pudel. Ihm fehlen die Worte. So etwas geht nicht. Auch wenn Regierungssprecher Steffen Hebestreit die Verantwortung auf sich nimmt, auch wenn Scholz am nächsten Morgen twittert und Abbas‘ Aussagen als „unsäglich“ bezeichnet – die Reaktion kommt viel zu spät. Und die Verantwortung für das Versagen liegt eindeutig nicht beim Regierungssprecher, sondern beim Bundeskanzler. Denn nicht Hebestreit, sondern Scholz ist Chef des Hauses.

Warum nur hat Scholz einfach so dagestanden? Da drängt sich die Frage auf: War er noch Herr der Lage? Wird er es zukünftig bei ähnlichen Provokationen sein? Als das Wort „Holocaust“ fiel, hätte er hellwach sein müssen. Zumal die Äußerung von Abbas derartig inakzeptabel ist, dass man sich scheut, sie an dieser Stelle zu wiederholen.

Hilflose Sprachlosigkeit von Scholz

War es Lethargie, eine falsche Einschätzung, der Versuch, eine Eskalation vor laufenden Kameras zu vermeiden – oder schlicht die Unfähigkeit zu einer adäquaten Kommunikation? Zumindest zeigte sich in der Nicht-Reaktion offensichtliche Hilflosigkeit. Das darf einem Kanzler der Bundesrepublik Deutschland auch in einer unerwarteten Situation nicht passieren. In diesem Land, wo die Geschichte des 20. Jahrhunderts in jeder Schulklasse Thema ist und in ein überzeugtes „Nie wieder“ münden muss, darf so ein Auftritt nicht passieren. Nie wieder.

Wohlgemerkt, die Haltung des Bundeskanzlers ist eindeutig: Für ihn ist jede Relativierung des Holocaust mit mehr als sechs Millionen Toten völlig unakzeptabel. Doch das Zögern, seine hilflose Sprachlosigkeit hat nicht nur in Deutschland, sondern international Schaden angerichtet, weil sie falsche Schlussfolgerungen zulässt. Völlig zu Recht nennt es der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, skandalös, dass Scholz nicht direkt widersprochen hat. Stattdessen verabschiedet sich der Bundeskanzler per Handschlag von Abbas.

Das ist mehr als ein Missgeschick. Es ist richtig schlimm.

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