Gemeinschaft wird internationaler

Umbrüche bei Kapuzinern in Münster: So steht es um die Kloster-Zukunft

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Im Kapuzinerkloster in Münster stehen die Zeichen auf Veränderungen: Nur noch zehn Brüder leben dort. In leerstehende Zimmer ziehen Studierende ein. Der Orden hat dennoch mutige Ideen.

Die Kapuziner in Münster wollen auch in Zukunft als Brüdergemeinschaft ein Glaubenszeugnis geben und in der Nachfolge des Ordensgründers Franziskus unterwegs sein. Das verspricht Bruder Laurentius Wenk. Seit gut einem Jahr leitet er die Brüdergemeinschaft der Kapuziner in Münster. Er hat die Aufgabe, an dem traditionsreichen Ort einen Umbruch zu gestalten.

Vor zwei Jahren lebten in Münster noch 30 Kapuziner, heute sind es zehn. Die betagten und pflegebedürftigen Brüder zogen in das Pflegeheim St. Katharina in Werne im Kreis Unna, wo die Ordensgemeinschaft ihr ältestes Kloster Deutschlands hat. Die jüngeren Brüder, die sich in Ausbildung befanden, wechselten in das Kloster in Salzburg, in dem der Ordensnachwuchs zusammenkommt.

Kloster in Münster: Zimmer an Studierende vermietet

„150 Jahre war das Kloster in Münster das Ausbildungskloster für die jungen Brüder mit den zeitlichen Gelübden. Deshalb gibt es in der Stadt auch eine Philosophisch-Theologische Hochschule, wozu ein Institut für christliche und franziskanische Spiritualität gehört“, sagt Bruder Laurentius.

Ein „junges Leben“ ist auf dem Klostergelände weiterhin sichtbar: Die 30 freigewordenen Zimmer der Brüder sind in den vergangenen Monaten an Studierende vermietet worden. Mit den Mieteinnahmen können die Ordensleute einen großen Teil der Betriebskosten des großen Klostergebäudes schultern. Die verbliebenen zehn Brüder sind alle in das erste Stockwerk gezogen.

Kapuziner befreien sich von Verwaltungsaufgaben

Derzeit bereiten die Kapuziner die wirtschaftliche Verselbständigung einzelner Bereiche des Klosters vor. „Wir werden darüber rechtzeitig informieren, wenn die Umnutzungspläne unter Dach und Fach sind. Wir wollen und werden uns von den administrativen Lasten befreien, damit wir wieder mehr für unsere kapuzinische Kernaufgabe, die Seelsorge, zur Verfügung stehen“, sagt Bruder Laurentius.

Aufgabe der Kapuziner sei es schließlich, „sich um Menschen anstatt um Räume und Mauern kümmern“, sagt der aus Schwaben stammende Ordensmann, der in den 1980er Jahren selbst die Ausbildung in Münster begann.

Blütezeit in den 1980er Jahren

Als er 1985 aus den Freisemestern in Salzburg zurückkam, waren in Münster etwa 25 junge Brüder in der Ausbildung, und es gab 20 Brüder, die fest zum Konvent gehörten. „Es war noch eine Blütezeit im Kloster Münster“, sagt der 66-jährige.

Die Zeit des Umbruchs sieht Bruder Laurentius als Chance für einen brüderlichen Neuanfang. Im Konvent in Münster leben aktuell zwei Brüder, die als Professoren an der Philosophisch-Theologischen Hochschule und am Institut für christliche und franziskanische Spiritualität tätig sind.

Ältester Kapuziner ist Beichtvater am Paulus-Dom

Drei Brüder aus Indien und Indonesien sind zum Promotionsstudium dort, zwei Brüder ohne Priesterweihe arbeiten in Diensten des Klosters. Der älteste Bruder mit 81 Jahren ist Beichtvater am Paulus-Dom, und zwei weitere, darunter ein Bruder aus Indien, leiten das Kloster und sind in der Seelsorge vor Ort und in der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser tätig.

Die Bereitschaft, sich auf Veränderungen und Neues einzulassen, habe vieles erleichtert. Dass vier Brüder aus anderen Ländern kämen, mache den Konvent internationaler, sagt der Leiter der Brüdergemeinschaft.

Muttersprachliche Gottesdienste im Kapuziner-Kloster

So werden in der Klosterkirche monatlich muttersprachliche Gottesdienste gefeiert: einen indonesischen, einen in der indischen Malayalam-Sprache im syro-malabarischen Ritus und einen Gottesdienst in englischer Sprache. Anschließende Begegnungen laden zum Kennenlernen ein.

Die Kapuziner laden regelmäßig zu Gottesdiensten und zum Mitbeten des Stundengebets ein. Die Beichtseelsorge ist an allen Werktagen gewährleistet. Neben den geistlichen Begleitungen und seelsorglichen Beratungen organisieren die Kapuziner Gespräche mit Schulklassen und anderen Gruppen und stehen für Taufen, Trauungen und Beerdigungen von Menschen zur Verfügung, wenn diese im Kontakt zum Kloster stehen.

Münsteraner Klostergarten ist Publikumsmagnet

Nicht zuletzt ist der große Klostergarten in den letzten Jahren zu einem Publikumsmagneten geworden, wo Kommende und Suchende dieses „grüne Fleckchen Erde“ als einen Ort der Ruhe, der Besinnung und der Begegnung mit der Natur und der Schöpfung erfahren. Kapuziner sowie ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bieten Gartenführungen an, um die Idylle inmitten des Stadtgebiets vorzustellen.

Ein Wort von Franz von Assisi bewegt Bruder Laurentius, wenn es um den Prozess der Veränderungen und die eigentlichen Aufgaben des Ordens geht: „Pilger und Fremdlinge sind wir.“ Dieses Wort hat den Ordensbruder immer wieder motiviert, an die Ränder der Gesellschaft zu gehen.

Kapuziner an den Rändern der Gesellschaft

So war Bruder Laurentius Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre in der City-Seelsorge in Frankfurt tätig, arbeitete in der Aids-Hilfe und in einem Café für Drogenabhängige mit, war Ansprechpartner in einem Treffpunkt für junge „Stricher“, die vornehmlich aus Rumänien, Bulgarien und aus dem Balkan kamen, um auf dem Strich weiter ausgebeutet zu werden.

„Die Jugendlichen oder jungen Männer kamen oft aus Kinderheimen, hatten traumatische Erlebnisse und waren dort Opfer des sexuellen Missbrauchs“, erläutert der Ordensmann. Ein Jugendlicher hätte den Ordensmann in der Mönchskutte gefragt: „Bist du Jesus?“ Er sei erstaunt gewesen, einem zugewandten Menschen zu begegnen.

Seelsorge im Aids-Hospiz

Die Kapuziner in Frankfurt bieten im Franziskustreff bis heute obdachlosen und armen Menschen ein Frühstück an, leisten Sozialberatung und sind in der Drogenhilfe tätig. In dieser Zeit hatte Bruder Laurentius Kontakt zum Aids-Hospiz in Oberharmersbach im Schwarzwald.

Es wurde von Kurt Schley ins Leben gerufen worden. Die Gengenbacher Franziskanerinnen hatten ihm ein Haus dafür zur Verfügung gestellt. Als die ersten Patienten kamen, wurde Bruder Laurentius der seelsorgliche Begleiter der Patienten. Später kamen dann auch Schwestern in die Pflege dazu.

Kapuziner-Kloster in Münster bleibt erhalten

Bruder Laurentius war später von 1999 bis 2007 in Mexiko, davon fünf Jahre in der Metropole Mexiko-City. Die Kapuziner dort teilen mit den Menschen die Armut und versorgen die Ärmsten mit Lebensmitteln. 

Das klösterliche Leben in Münster werde, so der Leiter der Brüdergemeinschaft, wohl noch über viele Jahre weiterbestehen. „Wir haben die Zuversicht, dass es sich lohnt, sich den Herausforderungen zu stellen. Franz von Assisi ist uns ein Vorbild.“

Weniger Ordensbrüder

2022 hatte die Deutsche Kapuzinerprovinz beschlossen, die Klöster in der deutsch-schweizerischen Kleinstadt Stühlingen, in Zell am Hamersbach im Schwarzwald und in Ingolstadt aufzugeben. Der Kapuzinerprovinz gehören 95 Brüder in Deutschland, 23 Brüder in Ost-Österreich, 23 Brüder in Belgien und etwa 30 Brüder in den Niederlanden an. Gut zwei Drittel der Brüder ist über 70 Jahre alt.

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