Ein Kleinod am Niederrhein

Seit 75 Jahren: Das macht Deutschlands einzige katholische Mühlen-Kirche aus

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Was den Kölnern „der Dom“, den Hamburgern „der Michel“, ist den Budbergern „die Mühlen-Kirche“. Das Gotteshaus am Niederrhein ist eine Attraktion. Und das soll auch so bleiben.

Die St.-Marien-Kirche in Budberg, einem Ortsteil von Rheinberg im Kreis Wesel, ist die einzige katholische Kirche in Deutschland, die aus einer Windmühle entstanden ist. „Nach unseren Recherchen gibt es noch eine evangelische Kirche in Norddeutschland, die aus einer Mühle entstand. Somit sind wir in gewisser Weise einzigartig“, sagt Martin Tomberg.

Das Pfarreiratsmitglied der Pfarrei St. Peter in Rheinberg ist gebürtiger Budberger und kennt die Kirche von Kindesbeinen an. Schon vor der Erstkommunion schloss sich der 48-Jährige der Messdienergemeinschaft an und hat sich bis heute seine Nähe und Liebe zur Windmühlen-Kirche bewahrt.

Budberger Kapellenverein 1947 gegründet

„Wer zum ersten Mal nach Budberg kommt, staunt über unser Gotteshaus. Alle Budberger wissen, dass sie es waren, die das Gotteshaus in dieser Form errichtet haben“, sagt Tomberg. Das Gefühl, in den Nachkriegsjahren gemeinsam etwas geschaffen zu haben, sei bei vielen Familien noch präsent, auch wenn mittlerweile einige Jahrzehnte vergangen seien.

1947 gründete eine Gruppe von Budbergern einen Kapellenbauverein, um ein eigenes Kirchengebäude für die wachsende Gemeinde zu schaffen. Zuvor fanden die katholischen Gottesdienste in der Schlosskapelle von Haus Wolfskuhlen statt. Dem Kapellenverein gelang es, von der Raiffeisengenossenschaft ein Gelände mit dem Mühlenturm zu erwerben.

Budberg: Kirchweihe im Mai 1949

Nach Plänen des Architekten August Schepers konnte 1948/49 das Gotteshaus unter Einbeziehung des Mühlenturms gebaut werden. Unzählige Arbeitsstunden, das Tauschen von Naturalien gegen Baustoffe und einige Kollekten brachten das Werk zu Ende, sodass die Gemeinde im Mai 1949 die Kirchweihe feiern konnten.

Sogar ein eigenes Gedicht wurde der St.-Marien-Kirche aus Anlass der Weihe, die Weihbischof Heinrich Gleumes vollzog, gewidmet: „Wo einst eine Mühle stand, die ragte weit hinaus ins Land, steht jetzt ein Kirchlein schlicht und fein, von Moos bekränzt ihr alt Gestein.“

Zur Geschichte der Turmwindmühle

Die 1833 errichtete Turmwindmühle in Budberg hatte ebenso eine wechselvolle Geschichte. Sie diente bis 1911 zum Mahlen des Getreides, bis ein Brand Teile des Mahlwerks zerstörte. Die Raiffeisenbank kaufte die Mühle und führte den Betrieb einige Jahre mit elektrischem Antrieb fort.

In der Zeit der Nazi-Diktatur richtete die SA dort ein Heim ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Mühle Treffpunkt für zugezogene Vertriebene, die in Nähe der Mühle eine Siedlung bauten.

Bauschäden durch den Bergbau in Budberg

Das Kirchengebäude ging 1955 nach Löschung des Kapellenbauvereines in das Eigentum der Kirchengemeinde St. Peter in Rheinberg über. In den 1980er Jahren geriet das Gotteshaus durch Bergbauarbeiten in Schieflage. Die Fugen im Gemäuer des Turms waren gerissen.

Rolf Kuhlmann, profunder Kenner der Kirchengeschichte in Budberg, schrieb dazu: „Gottlob rückte im August 1985 ein Bauunternehmen an, das auf Kosten des Bergbaus das gesamte Gebäude mit einem Stahl-Beton-Korsett versah.“

WDR-Sendung über Mühlen

Im Zuge dieser Arbeiten wurde der Chorraum umgestaltet. In Anlehnung an die alte Mühle dient jetzt ein Mühlstein auf einer Säule als Zelebrationsaltar. In gleichem Stein wurden der Gabentisch und der Sockel für den Tabernakel gestaltet.

Als der WDR 2014 eine Dokumentation mit dem Titel „Die beliebtesten Mühlen in Nordrhein-Westfalen“ erstellte, kam ein Kamera-Team nach Budberg, um auch die Mühlen-Kirche vorzustellen. „Budberg kommt nicht alle Tage ins Fernsehen. Das war schon ein netter Beitrag“, meint Martin Tomberg.

Gemeinschaft in Budberg

In dem rund 5.500 Einwohner zählenden Ort kämen die Menschen gern zur Mühlen-Kirche mit der nahen Parkanlage. „Auch bei uns zeigt sich die allgemeine kirchliche Entwicklung mit den zurückgehenden Gottesdienst-Besuchern. Aber wir versuchen, Gemeinschaft zu pflegen“, sagt das Pfarreiratsmitglied.

Nach einer Flaute in den letzten Jahren sei die Messdienergemeinschaft im vergangenen Jahr um zwölf neue Messdienerinnen und Messdiener gewachsen. Die Familien der Messdiener und Kommunionkinder werden gezielt angesprochen und eingeladen, in der Gemeinde mitzumachen.

Gelungenes Gemeindefest

Da man sich in einem kleineren Ort gut kenne, könnten Aktivitäten gemeinschaftlich durchgeführt werden, sagt Martin Tomberg. Als die Gemeinde vor Kurzem 75 Jahre Marienkirche, 50 Jahre St.-Marien-Kindergarten und die Verabschiedung von Pastor Dino Kakumanu feierte, hätten sich mehr als 500 Gemeindemitglieder an dem Fest beteiligt.

Für die Zukunft der tagsüber geöffneten Mühlen-Kirche wünscht sich Martin Tomberg, dass das Gotteshaus auch weiterhin das geistige Zuhause der Gemeindemitglieder bleibt und gepflegt wird.

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