Mario Schröer im Gespräch

Trotz Nahost-Krise: Warum interreligiöse Führungen in Münster boomen

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Zwei Gotteshäuser entdecken können Interessierte bei einer interreligiösen Führung in Münster, bei dem der Austausch im Vordergrund steht. Das Interesse ist erstaunlich, wie Mitorganisator Mario Schröer im Gespräch mit Kirche+Leben erklärt.

Herr Schröer, wie ist die interreligiöse Führung durch den Dom und die Synagoge entstanden?

Interreligiöse Führungen, genauer gesagt christlich-muslimische Domführungen, wurden schon seit 2017 von der Dompädagogik angeboten. Nach diesem Vorbild entstand für das Themenjahr 2021 „1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ auch ein christlich-jüdisches Format. Kern des Konzepts ist bei allen interreligiösen Veranstaltungen die Begleitung durch zwei Vermittlerinnen und Vermittler, die jeweils den christlichen beziehungsweise den muslimischen oder jüdischen Part repräsentieren. Wir wollen miteinander, nicht übereinander sprechen. Aus den Vorgesprächen mit einer Kollegin aus der Jüdischen Gemeinde in Münster entwickelte sich die Idee einer Kombinationsführung im Dom und in der Synagoge.

Wie sollte das Konzept aussehen?

Von Beginn an war klar, dass keine Vorstellung der kunsthistorischen Highlights, sondern das Gespräch untereinander im Vordergrund stehen sollte: schlichte Aufklärung, Kennenlernen, Fragen stellen. Die Vermittlerinnen und Vermittler halten kein Referat, sondern initiieren durch ihren Input an bestimmten Orten und Objekten ein Gespräch innerhalb der Gruppe. Nicht alle Fragen können oder sollen beantwortet werden. Neben dem Ziel, Dialog zu ermöglichen, liegt in der Zusammenarbeit von Dom und Jüdischer Gemeinde ein wichtiges Element. Die Veranstaltungen stärken die freundschaftlichen Verbindungen von Paulusdom und Jüdischer Gemeinde und senden ein Zeichen der gegenseitigen Anerkennung.

Wie groß ist das Interesse an den Führungen?

Im Jubiläumsjahr 2021 „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ fand aufgrund der Corona-Pandemie nur eine Veranstaltung statt. Dennoch konnte das Format verstetigt werden. In 2022 und 2023 gab es vier öffentliche Termine, die alle ausgebucht waren. Im Frühjahr 2024, vielleicht aufgrund der politischen Entwicklungen, wuchs das Interesse so stark, dass lange Wartelisten geführt werden mussten und Zusatztermine eingerichtet wurden. Am 29. Oktober und am 5. Dezember finden die letzten Kombi-Führungen in Dom und Synagoge für 2024 statt. In 2025 wird das Programm weitergeführt.

Worauf dürfen sich die Teilnehmenden freuen?

Die Besucherinnen und Besucher können sich auf ein lebendiges Gespräch über Verbindendes und Trennendes freuen, in dem die Bedeutung von Licht und Wasser, die unterschiedliche Sicht auf Jesus und das Kreuz, die Besonderheiten von Abendmahl und Kiddusch sowie die jeweiligen biblischen Texte thematisiert werden.

Welchen Stellenwert hat für Sie der Besuch der Synagoge?

Für mich persönlich bedeutet der Besuch in der Synagoge eine große Bereicherung. Ich habe dort Menschen kennengelernt, für die das Leben ihrer Religion mit persönlicher Bedrohung zu tun hat. Dass vor der Synagoge rund um die Uhr ein Polizei-Auto steht, deutet dies nur an. Ich bin froh, dass ich Teil dieser Gespräche sein darf, froh, dass ich Fragen stellen kann.

Interreligiöse Führung durch den Dom und die Synagoge in Münster
Zu einer gemeinsamen Führung durch den Paulusdom und die Synagoge in Münster laden die Dompädagogik der Domverwaltung und die Jüdische Gemeinde am Dienstag, 29. Oktober, von 15 bis 18 Uhr ein. Dafür gibt es noch einige Restplätze. Die Zahl der möglichen Teilnehmenden ist begrenzt. Eine verbindliche Anmeldung wird bei der Dompädagogik per Mail an dompaedagogik(at)bistum-muenster.de erbeten. Die Teilnahme ist kostenlos. Die Veranstalter freuen sich aber über eine Spende für die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster. Die letzte interreligiöse Führung in diesem Jahr ist für Donnerstag, 5. Dezember, vorgesehen. 

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