Rike Bartmann über Initiativen des Glaubens und über dessen Kraft

Naher Osten: Hoffnungszeichen in einer Zeit eskalierender Gewalt

Anzeige

Heute jährt sich der Terror der islamistischen Hamas gegen Israel zum ersten Mal. Israel geht als Reaktion inzwischen auch gegen die Hisbollah-Miliz im Libanon und gegen andere Feinde vor. Nicht leicht, all diese Nachrichten zu ertragen. Rike Bartmann findet aber auch Hoffnungszeichen.

Der Konflikt zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz beschäftigt mich gerade sehr intensiv. Egal wo ich hinschaue, ich lese immer wieder Berichte und sehe Bilder - bei der Tagesschau, aber auch meine Instagram-Bubble ist voll damit: Bombeneinschläge und heftige Gefechte, Flugzeuge, die Menschen aus dem Libanon ausfliegen und Bilder von Menschen auf der Flucht.

Ich empfinde es als wertvoll und wichtig, dass über diesen Konflikt so viel berichtet wird und es bei so vielen Menschen sichtbar wird. Und trotzdem – oder genau deswegen - geht mir das sehr nah und macht mich furchtbar traurig.

Es gibt auch hoffnungsvolle Berichte

Eine Million Libanes*innen sind laut den Vereinten Nationen im Süden und Osten des Landes sowie in Beirut unmittelbar betroffen. 1.000.000!

Neben all den schrecklichen Bildern habe ich aber auch hoffnungsvolle Berichte gefunden: Über die Schwestern der christlichen Liebe, die in Klöstern und Schulen im Norden des Libanons mehr als 2.000 Menschen bei sich aufgenommen haben. Auch über viele weitere christliche Gemeinschaften im Libanon, die zur Anlaufstelle für Menschen auf der Flucht - egal welchen religiösen Hintergrundes - geworden sind und ihnen einen möglichst sicheren Ort bieten.

Das Beispiel eines Franziskaners

Besonders berührt hat mich ein Bericht über den libanesischen Franziskanerpater Toufic Bou Merhi, der die Pforten seines Klosters in Tyros geöffnet und dort 160 Muslim*innen eine Unterkunft gegeben hat. Nun spielen Kinder im Innenhof des Klosters und es gibt dreimal am Tag Essen für alle. Das ganze Viertel rund um das Kloster hat geholfen, dass es genug Essen, Decken und Hygieneartikel gibt. Hier helfen ganz viele Hände, egal wem und warum.

Hier wird Gemeinschaft gelebt über den eigenen Glauben hinaus. Pater Toufic Bou Merhi sagt: „Wir versuchen bei den Menschen zu sein. Wir tun was wir können – und hoffen, dass es reicht.“

Was Glaube ist

Die Autorin
Rike Bartmann ist pädagogische Referentin bei der Katholischen Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz NRW. Sie wuchs im Sauerland auf, hat ihre Wurzeln in der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG), studierte katholische Theologie und ist Autorin und Sprecherin bei „Kirche in 1Live“ im WDR-Hörfunk.

Genau das ist Kirche für mich, das ist Glauben. Bedingungslos da sein für Andere, egal, ob christlichen oder muslimischen Glaubens. Für Menschen, die aus ihrer Heimat flüchten müssen oder vertrieben werden. Für Menschen in Not und Angst. Das ist doch wohl Seelsorge in ihrem ursprünglichen Kern – Sorge an der Seele des Nächsten oder der Nächsten.

Und so furchtbar, wie dieser Krieg ist, so geben mir diese Geschichten Hoffnung. Hoffnung, dass der Glaube tragen kann, und dass Glauben heißt für Andere da zu sein. Bedingungslos.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Anzeige