Längste Auslandsreise des Pontifikats beendet

Der Papst zeigt es allen: Franziskus stemmt eine 33.000-Kilometer-Reise

Anzeige

Der Papst? Ist fast 88, viel kann da nicht mehr kommen. Könnte man meinen. Und dann fliegt Franziskus nach Asien, zwölf Tage, 33.000 Flugkilometer. Angenehm geht anders. Kraftlos aber auch. Bilanz eines erstaunlichen Marathons.

Wie geht's dem Papst? Ist er am Ende? Sein Pontifikat so gut wie abgeschrieben? Das nächste Konklave nach Gesundheitskrisen des annähernd 88-Jährigen in Sicht? Seine Gegner nutzen jeden Moment der Schwäche, um Franziskus einen Mangel an Regierungsfähigkeit oder Schlimmeres zu unterstellen - und das Bild eines steuerlosen Kirchenschiffs mit 1,4 Milliarden Passagieren zu zeichnen. Doch der Papst ist zäh. Den ultimativen Beweis dafür liefert er mit der längsten Reise seiner Amtszeit.

Zwölf Tage lang besuchte er Länder, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor und Singapur. Alle weit von Rom entfernt, in jedem eine andere Zeitzone. Das Wetter wechselt stetig, angenehm ist es nie: heiß, windig, versmogt, Luftfeuchtigkeit bis zu 90 Prozent.

Er kürzt keine Reden, hat Zeit für alle Termine

Franziskus scheinen die ungünstigen Begleitumstände kaum zu stören. Stoisch arbeitet er sich von Termin zu Termin, von Begegnung zu Begegnung.

Seine Reden und Predigten kürzt er nicht - im Gegenteil. Regelmäßig verschieben sich Folgeveranstaltungen, weil Franziskus jedem seine Zeit geben möchte. Organisatoren wie Beobachter hatten mit einigen kurzfristigen Terminabsagen gerechnet.

Solche Termine "an den Rändern" geben ihm Kraft

Es sind diese Auftritte fern von Rom, die nicht nur den Menschen dort, sondern vor allem Franziskus Kraft geben. Er findet eine Kirche an der Peripherie vor, die sich keinen Protz leisten kann. Er trifft Menschen, die sich darüber freuen, den Mann zu sehen, der für sie der Stellvertreter Christi ist. Menschen, die nicht nur auf negative Seiten der Kirche schauen - auch weil sie auf ihre Unterstützung angewiesen sind.

In manchen Ländern ist der Global Player "Katholische Kirche" der einzige, der die nötigste soziale Infrastruktur stellt. Zudem schenkt Franziskus jenen Aufmerksamkeit, die sie international nur selten bekommen und erfüllt den Anspruch, mit dem er 2013 angetreten ist: Das Oberhaupt einer Kirche der Armen zu sein.

Sein Wort hat Gewicht

In Papua-Neuguinea und Osttimor haben die Worte des Papstes Gewicht, wenn er vor Politikern Korruption anprangert und von Priestern eine demütigere Vorstellung ihres Berufs verlangt. Er wird von den Menschen gehört, wenn er sich gegen Gewalt, Unterdrückung und Ausbeutung ausspricht, ein Ende von Armut, Arbeitslosigkeit und Drogenmissbrauch fordert.

In Indonesien sucht er den Schulterschluss mit dem gemäßigten Islam gegen Intoleranz und religiösen Extremismus. Singapur führt er als beispielhaft für eine nachhaltige Entwicklung und Umweltschutz an - der Klimawandel betrifft alle Gastländer intensiv.

Wohl keine Abschiedstournee

Mag das Echo auf seinen Besuch in manchen Ländern intensiver sein als in anderen - die Reise ist definitiv ein Erfolg. Bis zum finalen Termin bleibt Papst Franziskus kraftvoll. Nur bei seiner letzten Station in Singapur trägt er seine Reden eher rasch und ohne Improvisationen vor. Vielleicht ein Zeichen der Erschöpfung am Ende des Reise-Marathons.

Wenig deutet darauf hin, dass dies seine Abschiedstournee war. In wenigen Wochen reist Franziskus nach Belgien und Luxemburg. Ein Besuch anlässlich des Jubiläums des Konzils von Nizäa in der Türkei im nächsten Jahr gilt als wahrscheinlich, eine Teilnahme an der Eröffnung der Pariser Kathedrale Notre Dame im Dezember nicht als ausgeschlossen.

Weltsynode und Heiliges Jahr

Schon im Oktober tagt in Rom die Weltsynode - das Lieblingsprojekt des Papstes für eine grundlegende Kirchenreform. An Weihnachten eröffnet er das größte katholische Pilgerevent, das Heilige Jahr 2025.

Schafft er all das ebenso wie seine Asien-Pazifik-Reise, könnten auch die fast schon abgeschriebenen Besuche in Indien und Argentinien noch stattfinden. Schließlich haben schon viele andere Stars mit mehr als nur einer Abschiedstournee die große Bühne verlassen.

Anzeige