Der Jesuit Andreas R. Batlogg SJ zum Fortgang der Synode

Der Papst steckt voller Überraschungen - auch nach der Weltsynode?

Anzeige

Franziskus ist ein Papst der Überraschungen. Gerade reist er trotz seines Alters viel durch die Welt. Im Oktober steht dann die zweite Session der Weltsynode an. Was der Pontifex aus den Ergebnissen macht, ist offen, erläutert der Franziskus-Kenner Andreas R. Batlogg SJ in seinem Gastkommentar.

Totgesagte leben bekanntlich länger. So ist das auch bei Papst Franziskus. „Ich lebe noch“, pflegte er schon des Öfteren zu sagen. Nicht ohne manchmal nachzuschieben: „Manche sähen mich lieber tot.“ Die Tagesreisen nach Venedig zur Biennale (April), Verona (Mai) und Triest (Juli) zeigten ihn fit, zugewandt, mit kräftiger Stimme. Wie es dann Anfang September sein wird, wenn er in elf Tagen vier Länder (Indonesien, Papua-Neuguinea, Osttimor, Singapur) bereist, wird man sehen. Allein der Flug Rom – Jakarta dauert 13 Stunden. Ende September wird er noch Belgien und Luxemburg besuchen.

An den Rollstuhl hat sich Franziskus gewöhnt. Wenn er aufsteht und auf seinen Sitz zugeht, sieht man, wie schwer ihm das Gehen fällt. Aber er macht weiter, ruhelos, er schont sich nicht, überzeugt von seiner Mission. Und überrascht. Und irritiert. Und überrascht. Und irritiert. Immer wieder.

Neue Runde der Weltsynode steht an

Im Oktober findet die zweite Session der Weltsynode statt. Wieder an den symbolträchtigen runden Tischen, die im Oktober 2023 Kardinäle, Bischöfe, Ordensleute, aber auch Frauen und Männer (mit Stimmrecht!) einander „auf Augenhöhe“ begegnen ließen. Das Arbeitsdokument („Instrumentum laboris“) mit dem Titel „Wie wir eine synodale Kirche werden können“ entstand nicht am grünen Tisch, sondern wurde im Synodensekretariat aus den (bis Mai 2024 fälligen) Berichten zusammengestellt, die die nationalen Bischofskonferenzen gesammelt und in einen Text gegossen hatten.

In Nr. 12 liest man: „In jeder Phase des Prozesses hat sich der Wunsch herauskristallisiert, die Möglichkeit der Partizipation und der Mitverantwortung aller Getauften, Männer und Frauen, in der Vielfalt ihrer Charismen, Berufungen und Ämter zu erweitern.“ (IL 12) Damit es dabei nicht bei unverbindlichen Absichtserklärungen bleibt, wird eindringlich darauf hingewiesen, dass es als vertrauensbildende Maßnahme „eine Kultur und Praxis der Transparenz und der Rechenschaftspflicht“ (IL 73) braucht.

Theologische Expertise muss genutzt werden

Synodalität sowohl als Stil- wie als Strukturelement der Kirche im 21. Jahrhundert ist ein Lernprozess, ein mühsamer Weg, weil er einen Mentalitätswandel voraussetzt. Und weil es dabei, wie Franziskus unermüdlich einhämmert, um einen geistlichen Prozess geht.

Worauf ich hoffe: Dass dabei theologische Expertise auch genutzt wird. Nicht wie im Oktober 2023, als die Expertinnen und Experten am Rand, am Katzentisch sozusagen, saßen: abrufbereit. Aber wer beanspruchte ihren Rat? Klara-Antonia Csiszar, Vizerektorin der Privatuniversität Linz, ist erneut berufene „Expertin“ (ohne Stimmrecht) auf der Synode. Die Pastoraltheologin wirbt für die „Kompetenz der Vielstimmigen“: „Wir sind daher gut beraten, Methoden und Gesprächskulturen einzutrainieren, mit denen wir zum Beispiel hier in Österreich und in Europa zu Entscheidungen kommen, die synodal sind: als ein Miteinander in dieser Kirche und mit allen außerhalb, das – wenn auch nur fragmentarisch erreichbar – Tag für Tag danach strebt, ein gelebtes Evangelium zu sein.“

Was macht Papst Franziskus aus der Weltsynode?

Der Autor:
Andreas R. Batlogg SJ, seit 1985 Jesuit, 2000-2017 Mitglied der Redaktion „Stimmen der Zeit“, von 2009 bis 2017 deren Chefredakteur, seit 2019 in der Citypastoral an der Jesuitenkirche St. Michael (München) tätig, Buchautor, Publizist.

In einer Rede sagte Papst Franziskus kürzlich: „Das Wichtigste an dieser Synode zur Synodalität ist nicht so sehr die Behandlung dieses oder jenes Themas. Das Wichtigste ist der Weg der Synodalität auf Gemeinde-, Diözesan- und Universalebene.“ Was auch immer im Oktober besprochen und angeregt werden wird: Es zählt, wie der Weg auf lokaler Ebene weitergeht. Es zählt, was Franziskus daraus – vermutlich im Frühjahr 2025 – in seinem Nachsynodalen Schreiben macht. Er wird nicht, wie bei „Querida Amazonia“ (2020), starke Voten einfach übergehen können.

Wer hört noch auf ihn? Wer nimmt seine Vision von einer synodal verfassten Kirche ernst? Ich tue es – trotz einer Reihe von verstörenden oder widersprüchlichen Aussagen in anderen Zusammenhängen.

In unseren Gastkommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Anzeige