Julius Kreiser über die öffentliche Dienstdebatte

Pflichtdienst, nein danke!

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Kommt der Pflichtdienst oder kommt er nicht? Die Rufe in der öffentlichen Debatte werden merklich lauter. Doch was sagen die Betroffenen, die jungen Menschen, dazu? Theologiestudent Julius Kreiser vertritt eine klare Meinung im neuen Kirche+Leben-Format „Junger Kommentar“.

Die Debatte um einen verpflichtenden Freiwilligendienst oder schlicht einen Pflichtdienst wird weiter angeheizt. Von den üblichen Parteien und selbst vom Bundespräsidenten wird dieser „Talking Point“ immer wieder eingebracht. Bei mir kommt der Eindruck auf, hier wird dem perfiden Wunsch, junge Menschen so wieder zu etwas zwingen können, wenn man es gefühlt an vielen anderen Stellen nicht mehr schafft.

„Nein“, wird dann geantwortet, „es geht bei diesem Dienst doch darum, dass so junge Menschen Engagement besser wertschätzen können.“ Lassen Sie mich dazu ein paar Worte verlieren, so als junger Mensch, der schon Jahre im katholischen Jugendverband aktiv ist und selbst vor Jahren einen Freiwilligendienst freiwillig leistete.

Freiwilligendienst muss attraktiver werden

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Engagement dann wertgeschätzt wird, wenn es zur Wahl steht. Wenn ich nicht gezwungen werde, einen Dienst zu leisten, dann bekomme ich mehr Dankbarkeit. Dann identifiziere ich mich viel eher mit ihm.

Und ich rede hier noch gar nicht darüber, dass die am lautesten nach einem Pflichtdienst schreien, die sich nie dazu äußern, wie prekär gerade die Finanzierungsperspektive für die tatsächlich freiwilligen Dienste ist. Diese Dienste besser zu finanzieren, würde sicherlich auch für viele junge Menschen den Dienst attraktiver machen.

Generationenkonflikt zu unserem Nachteil?

Der Autor
Julius Kreiser studiert Katholische Theologie in Tübingen und ist nun schon mehrere Jahre in der katholischen Jugendverbandsarbeit aktiv. Hauptwirkungsort seines Engagements ist dabei die Katholische junge Gemeinde (KjG).

Von uns jungen Menschen wird gefordert, wir sollten auch einmal der Gesellschaft etwas zurückgeben. Etwas zurückzugeben, würde aber erfordern, bisher besonders viel entgegengebracht bekommen zu haben. Wo hat aber meine Generation denn in den letzten Jahren etwas von der Politik entgegengebracht bekommen?

In der Wohnungspolitik wird ein Generationenkonflikt zu unserem Nachteil ausgeführt. Unsere Schulen sind unterfinanziert, unser BAföG reicht nicht aus, wird gekürzt und steht sowieso auf der Kippe. Und während Corona haben wir ja bereits gezeigt, dass wir uns durchaus solidarisch mit anderen Generationen verhalten können. Da kann man uns nicht den Vorwurf machen, egoistisch zu sein. Ich möchte sogar auch den älteren Generationen zu mehr Egoismus raten. Wollt ihr wirklich von einem unwilligen und unqualifizierten 18-Jährigen gepflegt werden, wenn ihr alt oder krank seid?

In der Pflichtdienstdebatte reden vor allem viele ältere Menschen über eine Pflicht, die sie gar nicht mehr betreffen wird. Dienen, wenn auch nicht immer an der Waffe, sollen gerne die Jungen. Und um das auch nochmal klar gesagt zu haben: Ich werde sicher nicht für Deutschland sterben.

„Niemand soll dich wegen deiner Jugend geringschätzen!“, ermutigt der 1. Timotheusbrief (4,12) seinen Empfänger Timotheus. Und in der 1.500 Jahre alten Benediktsregel rät der heilige Benedikt, bei wichtigen Dingen alle Brüder anzuhören, „weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist“ (RB 3,3). Darum kommen in unserer Rubrik „Der junge Kommentar“ ausdrücklich Autor:innen unter 30 Jahren mit ihrer persönlichen Meinung zu einem selbst gewählten Thema zu Wort. Sie sind ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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