Betroffene fragen an – Kirche+Leben fragt Initiatoren im Bistum Münster

Sexueller Missbrauch: Passt die Blutbuche als Symbol der Erinnerung?

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Bäume – und dann noch mit Namen Blutbuche – sollen an die Verbrechen sexualisierter Gewalt im Bistum Münster erinnern. Nicht alle Missbrauchs-Betroffenen finden das passend. Kirche+Leben fragt bei den Initiatoren nach.

Blutbuchen sollen in allen Pfarreien im Bistum Münster an die Verbrechen sexualisierter Gewalt erinnern. Das löst nach Aussage der Initiatoren viele positive Reaktionen aus, es gibt aber auch Anfragen an dieses Symbol. In den sozialen Netzwerken – auch bei Kirche+Leben – hatten sich Menschen zu Wort gemeldet, die nach eigenen Angaben selbst sexualisierte Gewalt erlitten haben.

Zum einen fragen sie, warum ein Baum gepflanzt werde, wo Bäume doch für Leben stehen würden. Zum anderen gibt es Bedenken, der Wortbestandteil „Blut“ im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch könne Betroffene „triggern“.

Vutz: „Baum ambivalentes Symbol“

Auf Kirche+Leben-Anfrage räumt Johannes Vutz vom Offizialat Vechta, der die Arbeitshilfe zur Aktion (PDF-Datei hier) mitgeschrieben hat, ein, das Baumsymbol könne auch missverstanden werden: „Bäume sind ja zunächst positiv besetzt, sie stehen für das Leben, sie wachsen und blühen.“ Der Theologe argumentiert, jedes mögliche Symbol habe eine „Ambivalenz“.

Er betont aber, das Pflanzen einer Blutbuche (Fagus sylvatica Purpurea Pendula) gehe auf eine Idee der Arbeitsgruppe Erinnerungskultur im Bistum Münster zurück, in der auch Missbrauchs-Betroffene mitwirken. Der Gruppe sei das Symbol der Trauer wichtig gewesen. Die dunklen Blätter und der „trauerartige Wuchs“ der Blutbuche würden dies verdeutlichen.

„Dauerhaftigkeit leidvoller Erfahrungen“

Ein Betroffener, der die Idee mitentwickelt hat, sagt zu Kirche+Leben: „Die Buche ist die Pflanze der Weisheit, die Farbe Rot ist eine Signalfarbe.“ In der Arbeitshilfe heißt es zudem: „Anders als andere Baumarten symbolisiert die Trauer-Blutbuche nicht einfach Leben und Neubeginn, sondern die Dauerhaftigkeit leidvoller Erfahrungen.“

Das greift der Betroffene auf. Missbrauchsopfer müssten dauerhaft mit den Folgen der Tat leben, sagt er. Und: Die hängenden Äste wüchsen nur durch die Veredlung als menschliche Beeinflussung.

Pflanzungen rund um den 18. November

Auch Vutz führt aus, mit dem Pflanzen der Blutbuche in den Pfarreien und Einrichtungen im Bistum sei es nicht getan: „Man muss den Baum pflegen. Man muss auch am Thema Missbrauch dranbleiben, an das der Baum erinnert.“

Das Bistum empfiehlt, die Bäume am oder um den 18. November zu pflanzen. Der Europarat hat diesen Tag zum Europäischen Tag zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch erklärt.

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