Irme Stetter-Karp bilanziert Gespräche mit Kurie

ZdK-Chefin nach Vatikan-Reise: Verständnis gewachsen - Spannungen bleiben

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Wenn der Synodale Weg in Deutschland Kirchenreformen fordert, sind der Vatikan und die deutschen Laien-Katholiken oft unterschiedlicher Meinung. Nun reiste eine Spitzendelegation des Dachverbands ZdK nach Rom.

Erstmals war die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken von Montag bis Mittwoch zu Arbeitsgesprächen im Vatikan. Im Bilanz-Interview hofft Irme Stetter-Karp auf wachsendes Verständnis für die Anliegen des ZdK.

Frau Stetter-Karp, die ZdK-Spitze war drei Tage lang zu Gesprächen im Vatikan und in Rom. Welche Bilanz ziehen Sie?

Es war auf jeden Fall lohnend, denn bisher hatten wir keine Chance, auf der Arbeitsebene direkte Gespräche mit der römischen Kurie zu führen. Natürlich hat sich dadurch jetzt nicht alles schlagartig verändert. Spannungen zwischen dem Synodalen Weg und dem Vatikan konnten vermutlich nicht vollständig ausgeräumt werden, das löst sich ja nicht durch Reden einfach in Luft auf. Aber wo wir mit unseren Gesprächspartnern offen sprechen konnten, ist das gegenseitige Verständnis gewachsen.

Können Sie das erläutern?

Das ganze Bild ist jetzt differenzierter als vorher. Ich glaube, wir konnten auch vermitteln, dass unsere Konstruktion eine andere ist als die von Laienvereinigungen in anderen Ländern. Es gab eine bemerkenswerte Bereitschaft zuzuhören und auch die eigene Sicht auf das Gegenüber infrage zu stellen. Ich fand es fruchtbar, auch da, wo es bisweilen konfrontativ war. Es war aus meiner Sicht ein guter erster Schritt, und ich bin offen für eine Fortsetzung.

Eines Ihrer wichtigsten Gespräche war das im Glaubensdikasterium. Wie war das?

Wir konnten wahrnehmen, dass es dort jetzt einen neuen Auftrag gibt, den Papst Franziskus öffentlich definiert hat. Im Mittelpunkt stand der Kampf gegen den Missbrauch. Wir haben aufmerksam registriert, dass dort die Notwendigkeit gesehen wird, gegen Täter und Vertuscher konsequent und mit gesicherten Standards vorzugehen, auch was Ausweichmanöver von Bischöfen betrifft. Was wir noch nicht ausreichend verwirklicht sehen, ist die Mitsprache und Beteiligung der Betroffenen.

Wie wichtig ist es, dass mit Pater Hans Zollner und Peter Beer zwei wichtige Positionen im Kampf gegen Missbrauch im Vatikan mit Deutschen besetzt sind?

Mit Pater Hans Zollner und mit Peter Beer sind wir schon lange im Gespräch, und wir haben das auch in Rom fortgesetzt. Es ist hilfreich, dass wir Fragen ähnlich beantworten und die gemeinsame Sprache erleichtert den Dialog. Auch bei der Frage, was man in der Organisation der Kirche ändern muss, um Missbrauch und Vertuschung aufzuarbeiten und zu verhindern, also das anzugehen, was wir als die systemischen Ursachen des Missbrauchs bezeichnen. Dieser systemische Ansatz wird im Vatikan nicht durchweg anerkannt, aber da gibt es Gemeinsamkeiten im Denken mit den beiden genannten Gesprächspartnern.

Ein weiterer deutscher Gesprächspartner war der Untersekretär im Dikasterium für die Gesetzestexte, Pater Markus Graulich. Worum ging es da?

Ein Thema war der Rückblick auf den Dialog zwischen den deutschen Bischöfen und der Kurie über die Ergebnisse des Synodalen Wegs, denn das lief ja bisher allein über die Bischöfe. Und dann ging es auch um die deutsche Forderung nach der Einführung von kirchlichen Verwaltungsgerichten. Wir waren überrascht zu hören, dass Rom sich nicht dagegen sperrt.

Ist es Ihnen bei Ihren Gesprächen mit Mitarbeitern der Kurie gelungen, Vorurteile gegen das ZdK abzubauen?

Das würde ich auf jeden Fall sagen. Ich glaube, man versteht jetzt in Rom besser als vorher, was unsere Motivation ist auf dem Synodalen Weg. Vorher hat man sich über die Zuschreibungen Dritter informiert, jetzt hat man direkt mit uns gesprochen. Und ich glaube schon, dass sich das Klima verändert hat und dass wir als engagierte Christen wahrgenommen wurden, die sich engagiert für ihre Kirche einsetzen.

Welche Erwartungen haben Sie an die kommende finale Runde der Weltsynode in Rom?

Wir sind leider nicht mit eigenen Delegierten vertreten, aber immerhin ist ZdK-Vizepräsident Thomas Söding als Experte in anderer Funktion mit dabei. Unsere wichtigste Erwartung ist die, dass man nach der guten Erfahrung mit den Runden Tischen beim letzten Mal jetzt auch zu Beschlüssen kommt, die Papst Franziskus vorgelegt werden. Denn auch auf Weltebene meine ich, dass die Kirche nicht mehr viel Zeit hat, zu den nötigen Veränderungen zu kommen, sonst laufen ihr die Gläubigen weg, erst die Jungen und dann auch die Alten.

Neben den innerkirchlichen Themen gab es auch eine Reihe von eher politischen Gesprächen in Rom. Was nehmen Sie davon mit?

Besonders eindrücklich fand ich die Begegnung mit den Vertretern des World Jewish Congress in Rom, darunter mit Executive Vice-President Maram Stern. Da gab es viel Anerkennung und Respekt für unsere klare Positionierung gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus. Auch, aber eben nicht nur vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen in Deutschland mit den Landtagswahlen im Osten.

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