Alexander Senk über: Jesus und die Lebenslücken

Auslegung der Lesungen zum Hochfest Pfingsten / Lesejahr B

Anzeige

Wenn die Liebe zwischen Menschen vergeht, wenn ein vertrauter Mensch stirbt, dann entstehen Lücken im Leben. Wie kann uns Jesus, wie kann uns die Frohe Botschaft helfen, diese Lücken wieder zu füllen? Dieser Frage geht Kaplan Alexander Senk nach und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

„Noch einmal sprechen von der Wärme des Lebens, damit doch einige wissen: Es ist nicht warm, aber es könnte warm sein. Bevor ich sterbe, noch einmal sprechen von Liebe, damit doch einige sagen: Das gab es, das muss es geben. Noch einmal sprechen vom Glück der Hoffnung auf Glück, damit doch einige fragen: Was war das, wann kommt es wieder?“ (Bevor ich sterbe, Erich Fried)

Was war das und wann kommt es wieder? Wie häufig haben Menschen sich diese Frage schon gestellt. Vielleicht nach der ersten Liebe auf den ersten Blick oder nach einer Trennung. Vielleicht nach dem Tod eines vertrauten Menschen und in der Zeit des Vermissens. Dann fragt das Herz: Was war das und wann kommt das wieder? Die Frage signalisiert, dass eine Lücke im Leben zurückgeblieben ist. Wer oder was kann diese Lücke füllen?

Was den Menschen fehlt

Die Lesungen zum Hochfest Pfingsten / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.

Für die Gemeinschaft der Menschen um Jesus waren die Wochen um seinen Tod, seine Auferstehung und Himmelfahrt von unzähligen Fragen und Emotionen begleitet, die genau auf diese Lücken in ihren Leben hindeuten. Das Gedicht von Erich Fried bringt einige davon ins Wort. Das Leben der Menschen, denen Jesus begegnete, war geprägt von der Wärme des Lebens, von seiner Liebe und von dem Glück der Hoffnung auf Glück. All das hatte Jesus vermittelt und es vorgelebt.

Rückblickend werden sich die Menschen vielleicht daran erinnert haben, um dann festzustellen, dass ihnen nun etwas fehlt. Es gab Momente nach der Auferstehung, da diese Lebenslücken bei einzelnen Menschen etwas gefüllt werden konnten: Als Jesus sich Maria Magdalena am Ostermorgen zuwendete oder als er sich von Thomas hat berühren lassen, um für ihn an den Wunden erkennbar zu werden. So erfüllend die Begegnungen auch gewesen sein mögen, es blieben Lebenslücken zurück.

Von Jesus ergriffen

An Himmelfahrt wurde das noch einmal deutlich. Die Jünger waren nun auf sich gestellt. Ob sie sich, zum Himmel schauend, wieder gefragt haben: Was war das und wann kommt es wieder? Dass etwas wiederkommen würde, erwarteten die Jünger. Jesus hatte es ihnen angekündigt: Es kommt der Beistand, der Heilige Geist, der sie in die ganze Wahrheit einführen würde. Sie hatten die Sehnsucht, dass dieser Geist ihre Herzen und ihr Leben füllen würde und sie nun das erleben würden, was Jesus immer versprochen hat: Dass alles heil wird.

Beschenkt mit diesem Geist, sprachgewaltig in vielen Sprachen und ermutigt durch ihre Erfahrungen mit Jesus, haben die Jünger angefangen, von Jesus zu erzählen. „Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt“, so Paulus im Ersten Korintherbrief, „damit sie anderen nützt.“ Wer diesen Geist erlebte und von Jesus ergriffen war, der konnte damit einfach nicht für sich bleiben, sondern war im Inneren getrieben, diese Geschichte vom Reich Gottes auf Erden und vom Leben in Fülle weiterzutragen. Was damals begann, ist auch heute noch spürbar.

Was uns die Frohe Botschaft anbietet

Menschen, die sich danach sehnen, was Erich Frieds Gedicht ausdrückt, können durch die Frohe Botschaft erfahren, dass es da einen gibt, der hilft, die Lücken im eigenen Leben anzuschauen und zu schließen. Ich durfte dies oft erfahren: in Herausforderungen und Fragen habe ich erlebt, dass Jesus stärker ist. Menschen haben mir von ihm erzählt, und ich habe ihn so erlebt. Dies trägt mich bis heute.

Was fromm klingt, besonders in einer Welt, die immer weniger nach Gott fragt, ist für mich das Fundament für meinen priesterlichen Dienst. Wer das eigene Leben mit der Frohen Botschaft in Verbindung bringt, kann erfahren, dass so manche Lebensthemen darin aufgefangen werden. Das heißt nicht, dass alle Fragen sofort beantwortet werden und dass Zweifel komplett ausgeräumt werden können. Es mag auch Lücken im Leben geben, die nie ganz geschlossen werden können. Doch die Frohe Botschaft möchte uns anbieten, selbst zu erfahren: Jesus ist stärker. Das nimmt mir die Angst und lässt mich lebensfroh sein.

Pfingsten kann immer wieder sein

„Was war das und wann kommt es wieder?“ Wenn Menschen Jesus so erleben, ist vielleicht die Sehnsucht geweckt, noch mehr vom eigenen Leben aus der Perspektive Gottes anzuschauen. Dann ist Pfingsten nicht nur damals. Sondern dann ist es immer wieder. Vielleicht nicht als das große Ereignis, das die Apostelgeschichte beschreibt, aber eines, welches das Leben der Menschen füllt mit der Liebe Jesu, der immer stärker ist und in dem alles heil wird.

Sämtliche Texte der Lesungen zum Hochfest Pfingsten / Lesejahr B finden Sie hier.

Anzeige