„Deutliche Fragen an behördlichen Umgang mit Kirchenasyl“

Kirchenasyl vermehrt geräumt: Kirchen ökumenisch besorgt

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Nach Angaben kirchlicher Experten gab es seit Juli 2023 sieben Räumungen, Räumungsversuche oder Räumungsandrohungen von Kirchenasylen in Deutschland, zuletzt vor wenigen Tagen. Das wirft bei Vertretern beider Kirchen Fragen auf.

Die evangelische und die katholische Kirche äußern sich besorgt über vermehrte Räumungen von Kirchenasylen in Deutschland. “Es ist in der jüngsten Vergangenheit nun bereits mehrfach zu Auflösungen von Kirchenasylen gekommen. Diese Entwicklung bereitet uns große Sorge”, sagt der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz nehme die aktuell vermehrten Räumungen besorgt zur Kenntnis, sagt Sprecher Matthias Kopp.

Nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft “Asyl in der Kirche” gab es seit Juli 2023 sieben Räumungen, Räumungsversuche oder Räumungsandrohungen von Kirchenasylen in Deutschland. Am Dienstag war bekannt geworden, dass Polizei und Landesbehörden im Kreis Uelzen in Niedersachsen ein Kirchenasyl in einer evangelischen Gemeinde beendet und eine russische Familie nach Spanien abgeschoben hatten.

“Gemeinden machen es sich nicht leicht”

“Die Auflösung des Kirchenasyls unter massivem Polizeiaufgebot und Vollstreckung von Zwangsmaßnahmen an einer Familie in einer nachweislich schwierigen humanitären und gesundheitlich überaus belasteten Situation wirft deutliche Fragen an den behördlichen Umgang mit dem Kirchenasyl auf”, sagt der Berliner Bischof Stäblein.

Kirchengemeinden machten es sich nie leicht, wenn sie Kirchenasyl gewähren. “Dies ist und bleibt für uns ultima ratio.” Stäblein erklärt, deshalb sei das Gespräch zwischen Kirchen und Behörden so dringlich, damit man zu einem gemeinsamen humanitären Umgang mit Menschen in akuten Notsituationen gelange.

Gespräch mit den Behörden

Bischofskonferenz-Sprecher Kopp erklärt, die Bischöfe stünden zu Fragen des Kirchenasyls regelmäßig im Kontakt mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und weiteren zuständigen Behörden. “Wir werden die Entwicklungen weiter beobachten und in Gesprächen mit den zuständigen Behörden dafür werben, dass die Tradition des Kirchenasyls auch künftig respektiert wird.”

Das Kirchenasyl stelle ein letztes Mittel zur Abwendung drohender Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbarer humanitärer Härten dar. Es diene dazu, im Austausch mit staatlichen Stellen den konkreten Einzelfall erneut zu prüfen und verantwortbare Lösungen zu finden. Wenn Kirchengemeinden oder Ordensgemeinschaften Kirchenasyl gewähren, gehe dies mit großem persönlichen Engagement einher. Jede Räumung eines Kirchenasyls bedeute daher für alle Beteiligten eine große Belastung.

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