Ordensschwestern wirkten 180 Jahre am St. Rochus-Hospital

Mauritzer Franziskanerinnen verlassen ihren Gründungsort in Telgte

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In diesen Tagen verlassen die letzten Mauritzer Franziskanerinnen ihren Konvent am Gründungsort am St.-Rochus-Hospital im Telgte nahe Münster. Im Ort bleiben viele Erinnerungen zurück - und immerhin eine Ordensfrau.

Mit dem Weggang der letzten Schwestern aus Telgte im Kreis Warendorf geht für die Mauritzer Franziskanerinnen eine lange Epoche des christlichen Dienstes an diesem Ort zu Ende. Nach 180 Jahren wird der Konvent am Gründungsort am St.-Rochus-Hospital aufgelöst. Das Hospital zählt zu den ältesten psychiatrischen Fachkliniken Westfalens.

„Es ist traurig für uns, den Ort zu verlassen, wo unsere Ordensgemeinschaft vor 180 Jahren ihren Anfang genommen hat. Es ist sehr schwer für unsere Schwestern, aber wir dürfen sie nicht so lange an diesem Ort halten, wenn sie zunehmend überfordert sind“, sagt die Provinzoberin der Mauritzer Franziskanerinnen, Schwester M. Diethilde Bövingloh, im Gespräch mit Kirche+Leben.

Verantwortung der Ordensleitung

Die Ordensgemeinschaft habe die Verantwortung, dass es „allen Schwestern gut geht“. Man dürfe und müsse Rücksicht nehmen auf das Alter der Schwestern. Sie hätten ein Recht, im Alter in Ruhe zu leben.

„Wir gehen in Dankbarkeit dafür, dass wir 180 Jahre die Möglichkeit hatten, den kranken Menschen im St.-Rochus-Hospital und vielen Menschen in Telgte und Umgebung geholfen zu haben. Das war auch ein Geschenk für uns“, sagt Schwester M. Diethilde.

Vorreiter der Emanzipation

Die Provinzoberin verweist auf die Leistungen der Gründungsschwestern Mitte des 19. Jahrhunderts: „Diese Frauen haben zu der Zeit Kranke gepflegt und ein Krankenhaus gebaut, als es noch keine Krankenversicherung gab und noch bevor Frauen selbstständig arbeiten konnten und durften. In diesem Sinn waren wir Ordensschwestern emanzipatorisch unterwegs.“

Der Franziskaner-Pater Christoph Bernsmeyer gründete am 2. Juli 1844 in Telgte mit den ersten vier Schwestern eine Ordensgemeinschaft, die sich um Kranke, Arme und Benachteiligte kümmerte. Bei seinen Besuchen der alten und kranken Menschen in der ländlichen Umgebung von Telgte hatte Pater Bernsmeyer Not und Armut erkannt.

Gründung der St.-Franziskus-Stiftung

Wenig später bat der Bischof von Münster die Gemeinschaft, in Münster ein Krankenhaus – das heutige St. Franziskus-Hospital – zu gründen. 1853 wurde deshalb das Mutterhaus der „Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des hl. Franziskus“ von Telgte nach Münster-Mauritz verlegt.

Auf dem Gelände des ehemaligen Leprosenhauses und heutigen St.-Rochus-Hospitals liegt aber die Keimzelle der weltweit wirkenden Gemeinschaft der Mauritzer Franziskanerinnen. 2004 übergaben die Ordensschwestern ihre Krankenhäuser in die von ihnen gegründete St.-Franziskus-Stiftung. Diese führt die karitative Tätigkeit im Sinn der Schwestern fort.

Moderne Fachklinik für Psychiatrie

Das St.-Rochus-Hospital hat sich im Lauf der Zeit zu einer modernen Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie entwickelt. Es verfügt aktuell über rund 300 Betten und zählt mit 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern in Telgte.

In der Fachklinik werden alle seelischen Erkrankungen des Erwachsenenalters behandelt: Die häufigsten sind reaktive und endogene Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen, Neurosen, Psychosen, Abhängigkeitserkrankungen sowie seelische Alterskrankheiten.

Weltweit tätige Gemeinschaft

Neben der Fachklinik gibt es für chronisch psychisch kranke beziehungsweise psychisch behinderte Menschen einen eigenständigen Wohnbereich. Darüber hinaus bietet die Einrichtung ein betreutes Wohnen und eine Tagesstätte für psychisch kranke Menschen an. Ein Integrationsfachdienst zur beruflichen Wiedereingliederung rundet das Angebot ab.

Passend zum Tag der Gründung der Ordensgemeinschaft am 2. Juli werden die St.-Franziskus-Stiftung und die Mauritzer Franziskanerinnen mit einem Dankgottesdient und einem Festakt im St.-Rochus-Hospital die „Epoche der mildtätigen Arbeit“ Revue passieren lassen und offiziell Abschied nehmen. „Es wird ein emotionaler Tag werden. Aber eins ist gewiss: Die franziskanische Idee lebt weiter“, sagt Schwester M. Diethilde und verweist auf ihre Gemeinschaft, die unter anderem in den Niederlanden, den USA sowie in Polen, Kasachstan, Japan, Korea, Vietnam und Indien vertreten ist.

Eine Schwester bleibt in Telgte

Zumindest eine Mauritzer Franziskanerin bleibt Telgte erhalten: Schwester Josefine Büscher kehrt zwar in das Mutterhaus der Gemeinschaft nach Münster zurück, sie bleibt aber weiterhin als Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Marien tätig.

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