Kirche+Leben-Gespräch mit Münsters Diözesan-Caritasdirektor Hopfenzitz

Nach Solingen: Caritas warnt vor populistischen Schnellschüssen

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Vor populistischen Schnellschüssen nach der Messerattacke von Solingen warnt Münsters Diözesan-Caritasdirektor Dominique Hopfenzitz. Im Kirche+Leben-Gespräch kritisiert er auch Pläne der NRW-Landesregierung.

Vor populistischen Reaktionen auf die mutmaßlich von einem Syrer verübte Messerattacke in Solingen warnt Münsters Diözesan-Caritasdirektor Dominique Hopfenzitz. Auf Kirche+Leben-Anfrage spricht er von „Schnellschüssen“ wie „Grenzschließungen oder konsequentere Abschiebungen“.

Das sei „Populismus“ ohne den Gedanken daran, ob solche Forderungen durchsetzbar seien. „Rassismus und Diskriminierung“ würden zur „generalisierten Antwort“ auf ein tragisches Ereignis, kritisiert Hopfenzitz. Solche Tendenzen verurteile die Caritas scharf.

„Schmerz nach der Tat ist unermesslich“

Man sei schockiert von der Tat, so der Chef der Caritas im nordrhein-westfälischen Teil des Bistums Münster. Friedlich feiernde Menschen seien aus dem Leben gerissen worden: „Der Schmerz ist unermesslich.“

Ein Messerangriff auf dem Stadtfest in Solingen hatte drei Tote und mehrere Verletzte gefordert. Ein 26-jähriger Syrer stellte sich der Polizei und gab die Tat zu. Medien berichten, er hätte nach der Ablehnung seines Asylantrags 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er in die EU eingereist war. Weil er für mehrere Monate untertauchte, sei die Abschiebung hinfällig geworden.

Die Behörden werten die Tat als Terrorangriff; die Organisation „Islamischer Staat“ (IS) reklamiert sie für sich. Ob der Täter Kontakt zum IS hatte, ist noch unklar.

„Es braucht ein Netzwerk für Geflüchtete“

Caritas-Chef Hopfenzitz mahnt, auch nach der Attacke die Situation Geflüchteter in Deutschland ganzheitlich zu betrachten: „Dazu gehören nicht die Ausgrenzung und Vorverurteilung, sondern gute und gezielte Integrations- und Begleitungsmaßnahmen.“

Es brauche ein „stabiles Netzwerk“, durch das „kein Mensch unbeachtet hindurchfallen kann. In diesem Fall ist aber genau das geschehen.“

Caritas kritisiert Haushaltspläne in NRW

Angesichts dessen kritisiert Hopfenzitz die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Sie will nach seinen Angaben im Haushaltsplan 2025 bei der sozialen Beratung von Geflüchteten 22 Millionen Euro einsparen. Das sei ein Minus von 63 Prozent und „absolut unverständlich“.

Beratungsstellen müssten erhalten bleiben und Angebote ausgebaut werden, damit „extremistische Tendenzen erkannt und verhindert werden“ könnten, betont der Caritas-Chef. Er erinnert daran, dass viele Menschen gerade vor Islamismus, Terror und Gewalt nach Europa und Deutschland fliehen würden. Die Caritas betreibt zahlreiche Sozialberatungsstellen für Geflüchtete.

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