Ein Wort, ein Bild, ein Gedanke - von Beatrice von Weizsäcker

Sichtweisen (7): HERZRASEN

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Bei Herzensdingen geht's ums Eingemachte, um alles. Das bewegt. Und da bewegt sich Gott. Und uns. Auf seiner Spielwiese.

Es gibt wenige Sätze, die so beliebt sind wie die, die vom Herzen handeln. Das liegt daran, dass das Herz beliebt ist. Kein Valentinstag ohne Herz, kein Liebesbrief ohne Herz, keine Mördergrube ohne Herz, keine Seele ohne Herz. Ein Herz, das vor Freude rast, haben alle gern.

Paul Gerhardt dichtete das fröhliche Lied: „Geh aus mein Herz und suche Freud / In dieser lieben Sommerzeit / An deines Gottesgaben.“ Fünfzehn Strophen hat es. Text und Melodie stimmen froh. Sie machen glücklich. 

"Bring dein Herz zurück"

Franz von Sales gab den klugen Rat: „Wenn dein Herz wandert oder leidet, bring es behutsam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart Gottes. Und selbst dann, wenn du nichts getan hast in deinem Leben, außer dein Herz zurückzubringen und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen – obwohl es jedes Mal wieder fortlief, wenn du es zurückgeholt hattest –, dann hat sich dein Leben wohl erfüllt.“ Augustinus wusste: „Unruhig ist mein Herz, bis es ruht in dir.“ 

Getoppt wird all das nur von Jesus. Der sagt: “Selig, die rein sind im Herzen; denn sie werden Gott schauen.” Und alles ist gut.

Tatsächlich?

SICHTWEISEN
Ein Wort, ein Bild, ein Gedanke - das sind die “Sichtweisen”, die einmal in der Woche ins Nachdenken bringen wollen, Welten eröffnen, Leben entdecken, Gott suchen helfen. Menschenlebensnah und gottverbunden. Jeder Monat wird von einer Autorin oder einem Autoren textlich gestaltet; die Redaktion von Kirche+Leben sucht zu dem jeweiligen Stichwort frei ein Foto.

Weltfremd und romantisch

Die Seligpreisung klingt seltsam weltfremd und romantisch, setzt sie doch voraus, dass kein Mensch taktisch oder berechnend ist. Dass niemand je auf den eigenen Vorteil schaut. Dass er immer aufrichtig ist. Dass er keine Absichten hegt. Und keine Hintergedanken hat. Ob wir an uns denken und was unser Handeln für uns bedeutet. Ob wir an andere denken und was unser Tun für sie bedeutet: Jeder Mensch verfolgt eigene Ziele. Niemand kann von sich absehen.

Und: Wir können Gott nicht schauen, dafür ist er viel zu groß. Gott lässt sich weder messen noch ermessen. Darum schreibt Johannes ja: Niemand hat Gott je gesehen. (Joh 1,18) Weil Gott sich unserm Blick entzieht.

Wirklich?

Macht Gott nicht so kompliziert

Machen solche Gedanken Gott nicht komplizierter, als er ist? Gott ist da. Er zeigt sich in vielen Momenten. Er kommt uns entgegen. Daran glaube ich.

Gott kommt uns entgegen. Er öffnet seine Arme. Er umarmt uns wie den verlorenen Sohn, die verlorene Tochter. Das verlorene Kind, das dachte, es sei nicht wert, Kind seines Vaters zu sein. Das Kind, dem der Vater entgegenläuft und um den Hals fällt, obwohl es ein zügelloses Leben geführt, obwohl es das Vermögen verschleudert und sein Erbe durchgebracht hatte. Das Kind, das sich gegen den Himmel und gegen den Vater versündigt hatte. Dieses Kind küsst der Vater. Und damit uns. Den Sohn. Die Tochter. Alle.

Gott küsst uns

Er öffnet unser Herz, damit es rein wird, auf dass wir nicht länger blind sind für Gott – denn er kommt uns entgegen. Er hilft uns, ein reines Herz zu haben – denn er umarmt uns. Wir können schon jetzt ahnen, was es heißt, Gott zu schauen – denn er küsst uns. Auch wenn wir ihn nicht sehen.

Da fängt mein Herz an zu jubeln vor Freude über diesen unermesslichen, unbegreiflichen Gott. Und meine Seele verwandelt sich in eine Blumenwiese, auf der mein Herz erblüht. 

Meine Seele – eine Herzwiese. Ein Herzrasen.

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