Richard Schu-Schätter: Checkliste für den Himmel?

Auslegung der Lesungen vom 28. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B

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Wer Jesus Christus nachfolgen will, darf sich darauf gefasst machen, seine Lebensweise teils radikal zu ändern. Richard Schu-Schätter nähert sich der Frage an, wie es gelingen kann, und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

„Oh mein Gott, dieser Himmel, wie komm ich da bloß rein?“ Manchmal bin ich erstaunt, wie viel Religion bei aller Distanz zu Glaube und Kirche in Texten der zeitgenössischen Musikindustrie steckt. Der Deutsch-Rapper Marteria zum Beispiel stellt die Frage nach dem Himmel in seinem Song „OMG“. Ich konnte nicht widerstehen und habe diese Frage einmal bei ChatGPT eingegeben. Manche Antworten dieser künstlichen Intelligenz fand ich erstaunlich differenziert, eine sogar tiefgründig.

Da lese ich dann: „Einige glauben, dass man einfach ‚gut‘ sein muss. Aber was heißt das eigentlich?“ Oder: „Der Glaube ist nicht einfach nur ein mentaler Check auf einer Liste („An Gott glauben? Check!“), sondern eine lebendige Beziehung zu dem, der uns erschaffen hat.“ Und das führt mich schon mitten hinein in das Evangelium dieses Sonntags. Da gibt es auch eine Checkliste von Dingen, die zu tun sind, um das ewige Leben zu erben: Sechs Gebote zählt Jesus auf. Sechsmal „check“ für den Fragesteller, der all das schon tut. Aber reicht das? 

Jesus fordert viel – zu viel?

Die Lesungen vom 28. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.

Es ist schon fast frustrierend, dass Jesus bei diesem offensichtlich guten, frommen Mann noch einen drauf setzt. Ich scheitere ja schon vorher. Und er soll jetzt auch noch alles verkaufen, es den Armen geben und Jesus nachfolgen. Die Forderung erhebt Jesus nicht respektlos. Er wendet sich dem Mann zu. Er umarmt ihn sogar. Aber er sieht auch, dass der Fragesteller noch nicht frei ist für die Liebe Gottes. Das wird schon an seiner Ausgangsfrage deutlich. Er will das ewige Leben – erben! Damit wird es zu einem Besitzanspruch. 

Mit seiner Forderung, alles zu verkaufen und es den Armen zu geben, macht Jesus vielleicht genau das deutlich: Es geht nicht darum, was du hast, sondern wer du sein willst. Das scheint dann doch zu viel des Guten. Der Mann jedenfalls geht traurig weg. Und die Jünger sind bestürzt. Und ich mit ihnen. Aber Jesus bleibt dabei: Für jemanden, der viel besitzt, ist es sehr schwer in den Himmel zu kommen.

Türöffner für die Ewigkeit

Die Jünger fragen, wer dann noch gerettet werden kann, und ich frage mich, ob das Himmelstor wirklich so eng ist. Dann ist es kein Wunder, dass Marteria am Ende seines Songs den Himmel in den Armen einer Frau sucht und findet: „Ich lieg in ihren Armen. Amen!“ Nun ist der Himmel auf Erden, den Marteria findet, etwas Wunderbares, aber nicht sehr nachhaltig. Nichts für die Ewigkeit. Was könnte also ein Türöffner in die Ewigkeit sein? 

Als Jesus sieht, wie die Jünger „über alle Maßen außer sich vor Schrecken“ sind – kann man das eigentlich noch steigern? – schlägt Jesus versöhnlichere Töne an, allerdings ohne etwas vom Gesagten zurückzunehmen. Für den Menschen ist es unmöglich, gerettet zu werden. Punkt. Für Gott ist alles möglich. Vielleicht, hätte diese Botschaft dem Fragesteller gutgetan. Aber der ist schon weg. Ich weiß nicht, ob ihm diese Antwort gefallen hätte. Er hing ja sehr an seiner Checkliste und an seinem Besitz und er machte dabei seine Rechnung ohne Gott.

Der Stellenwert von Weisheit

Es geht nicht darum, was ich tun kann, um meinen Anspruch auf einen himmlischen Platz zu sichern, sondern es geht darum, wer Gott ist und ob ich ihm mehr vertraue als den Dingen, die mir in meinem Leben vermeintlich Sicherheit geben.

Dass der Weg der Liebe nicht zwangsläufig bedeutet, in Armut zu leben, wird in der Lesung aus dem Buch der Weisheit deutlich. Hier klingt an, dass die Weisheit ein Geschenk ist und dass sie dem Autor wichtiger ist als materieller Reichtum, Ansehen, Macht, Gesundheit, Schönheit und Licht. Der Verzicht darauf lohnt sich gleich doppelt, weil einerseits die Weisheit so viel mehr wert ist und andererseits mit ihr „all das Gute“ zum Menschen kommt. Das ist auch im Evangelium bemerkenswert. 

Wie ich in den Himmel komme

Petrus, dem aufgefallen ist, dass er und die anderen Jünger ja bereits alles aufgegeben haben, um Jesus zu folgen, bekommt als Antwort, dass sie in dieser Welt alles bekommen, was sie brauchen: „Häuser und Brüder, Schwestern und Mütter, Kinder und Äcker … und in der kommenden Welt das ewige Leben.“ 

Wie komme ich also in den Himmel? Ganz einfach. Indem ich einerseits tue, was ich kann, mich dann aber darauf verlasse, dass Gott mich am Ende willkommen heißen wird – nicht, weil alles auf meiner Checkliste für ein gutes christliches Leben abgehakt ist, sondern weil Gott alles für mich tut.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 28. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B finden Sie hier.

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