Lisa Holzer zu Jugendbeteiligung und Kindermitbestimmung

Für die Demokratie: Kinderrechte ins Grundgesetz, Wahlalter senken

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Demokratie muss aktiv gestaltet werden. Eine Schockstarre nach beunruhigenden Ergebnissen der Europawahl hilft da nicht. Viel mehr müssen Kinder und Jugendliche von der Politik einbezogen werden, erklärt Lisa Holzer in ihrem Gastkommentar.

Die Wahlergebnisse der Europawahl stecken mir noch stark in den Knochen. Ich habe Angst davor, was passiert, wenn rechtsextreme Meinungen sich nicht nur in der Mitte der Gesellschaft ausbreiten, sondern auch in Staat und Parlamenten konkrete Ausgestaltungen finden. Und auch die Berichterstattung macht es an vielen Stellen nicht besser, weil es dabei oft bei einer Art Schockstarre bleibt.

Als Christin gehört Hoffnung immer zu meinem Denken. Mit jahrelanger Erfahrung in der Jugendarbeit weiß ich, dass es möglich ist, manchmal in 72 Stunden und manchmal sogar in einzelnen Gruppenstunden die Welt ein kleines Stück besser zu machen. Als KjGlerin habe ich von klein auf erfahren, dass meine Meinung wichtig ist und gehört wird. Deshalb hier mein Versuch, raus aus der Schockstarre zu kommen.

Es braucht jugendliche Mitbestimmung

Kinder und Jugendliche sind nicht nur unsere Zukunft, sondern auch unsere Gegenwart. Protestbewegungen rund um die Klimakatastrophe oder den Rechtsruck in Deutschland und Europa zeigen, dass junge Menschen Meinungen zu politischen und gesellschaftlichen Prozessen haben. Sie wollen teilhaben, haben tolle Ideen und eine hohe Motivation mitzugestalten. Das sollten wir nutzen.

Herausforderungen wie marode Schulen oder der Klimawandel müssen bald und langfristig angegangen werden. Um die Prozesse zu begleiten, braucht es strukturelle Jugendbeteiligung und Kindermitbestimmung.

Die UN-Kinderrechtskonvention benennt zum Beispiel in Artikel 12 das Recht auf die Achtung der Meinung von Kindern, in Artikel 13 das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit oder in Artikel 17 das auf den Zugang zu Medien und Informationen, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

Wahlalter muss weiter gesenkt werden

Die Autorin
Lisa Holzer ist geistliche Bundesleitung der KjG (Katholische junge Gemeinde). Sie hat katholische Theologie in Freiburg studiert und ist Pastoralreferentin des Bistums Essen.

Partizipation und Teilhabe von Kindern und Jugendlichen ist nicht nur eines der Kernthemen der KjG. Ich bin davon überzeugt, dass es auch der Schlüssel für eine generationengerechtere, zukunftsfähigere und zufriedenere Gesellschaft ist.

Und konkret? Kinder- und Jugendarmut muss effizient bekämpft werden, Bildungsgerechtigkeit und ausreichend Raum für außerschulische Entwicklung muss angestrebt werden. Kinderrechte müssen endlich ins Grundgesetz aufgenommen werden, das Wahlalter muss weiter gesenkt werden und es braucht eine sichere, mit der Inflation steigende Förderung von Kinder- und Jugendarbeit.

Demokratie geschieht nicht einfach so, sondern wir müssen sie aktiv gestalten. Meine Erfahrung in der Kinder- und Jugendarbeit zeigt: Es gibt unfassbar viele, die sehr gerne bereit dazu sind. Sie gilt es ernst zu nehmen.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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