Themenwoche „Die Kraft des Gebets“ (5) - aus Münster

Clemensschwester Lenfers: „Oft bin ich überrascht über meine Worte“

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Biblische Geschichten inspirieren Elisabethis Lenfers zum Innehalten. Von den Wüstenvätern des Alten Testaments könne man viel lernen, meint die Clemensschwester aus Münster.

Über meine Weise des Betens zu schreiben, ist gar nicht so einfach. Zum einen, weil es so persönlich, zum anderen so vielfältig ist. Vor einigen Wochen war ich in Exerzitien: eine Woche Schweigen und nach innen horchen. Von einem Impuls der Tage möchte ich berichten.

Mose wächst – nach wundersamer Rettung aus dem Binsenkörbchen im Nil – am Hof des Pharaos quasi als Zieh-Sohn des Regenten, der alle israelischen Fremdlinge als Last empfindet, auf. Mose muss fliehen, weil er einen Ägypter erschlagen hat und deshalb getötet werden soll. Danach hütet er 40 Jahre in einem anderen, fremden Land die Schafe seines Schwiegervaters und kommt zum Gottesberg Horeb.

Leben voller Sehnsucht und Fragen

Themenwoche „Die Kraft des Gebets“
Das Gebet gehört für viele Christen zum Alltag. Doch die Ausdrucksformen sind sehr unterschiedlich. Kirche+Leben stellt sieben Menschen vor, denen das Beten ein wichtiges Anliegen ist.

Dort hört er eine Stimme aus einem brennenden Dornbusch: „Mose, bleib stehen. Ziehe deine Schuhe aus. Der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden. – Ich bin der Gott deiner Väter. Ich bin der, der für dich da ist“ (nach 2. Mose 3,5-6)

Der Impuls: Mein Leben ist wie das des Mose: hin und her „getrieben“ sein, unruhig, voller Sehnsucht und Fragen. Und genau dort: in mir, da wo ich jetzt bin – ist „Heiliger Boden!“ „40 Jahre Schafe hüten“ – mein eigenes hin- und her laufen. Genau das ist heiliger Boden, der Ort, an dem Gott mich sieht, mich will, mich begleitet.

Sammlung der eigenen Gedanken 

Die Wüstenväter hatten das Bild des „Schafe-Hütens“ übertragen auf das Gebetsleben. Immer wieder „verschwinden meine Gedanken“, wenn ich still werden möchte. Diese „Gedanken-Schafe“ wieder sammeln, zurückholen, hüten.

Der dazu gehörende Impuls am zweiten Tag: „Ich erschaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (vgl. Off 21,1). Der neue Himmel und die neue Erde, sie sind heute schon Wirklichkeit in meinem Leben. Sie liegen unter der Wüste meines Alltags. Der „neue Himmel, die neue Erde“, sie sind der tragende Grund meines Lebens. Sie sind mein Seelenleben, über dem die Wüste gelebt und bestanden werden will.

Ständiges Sein im „Haus Gottes“

Wüste und Neuer Himmel, Neue Erde – sie werden in mir eins. Diese Einsicht erlebe ich mit großer Freude zum wievielten Mal und versuche, mich in alltäglichen „Wüsten-Situationen“ zu ordnen, zu atmen, ruhig zu werden. Das zu dieser Gebetserfahrung.

Ich frage mich schon viele Jahre: Kann ich das eigentlich: nicht beten? Ist mein Leben nicht ein ständiges Sein im „Haus Gottes?“ - oft unbewusst, aber auch immer wieder in der Stille, beim gemeinsamen Psalmen-Gebet, in der Feier der Eucharistie, bei den Alltagsgeschäften. Ist mein Leben als getaufte Christin doch ein Leben mit Jesus Christus, im Miteinander in der Gemeinschaft der Clemensschwestern, in aller Unruhe immer auch Kraftquelle, Orientierung und Strukturierung?

Im Gespräch mit Jesus Christus

Spannend erlebe ich, dass die täglichen Abschnitte der Bibel mich oft hineinholen in das Geschehen. Wenn Jesus zum See geht und die Menschen ihm folgen, wenn sie ihm alle Kranken vor die Füße legen, dann bin ich mitten unter den Menschen, als Gesunde oder Kranke oder auch an der Seite Jesu, bei seinen Jüngern. Ich gehöre dazu, so wie ich bin.

Manchmal spreche ich am Abend, mich selber hörend, mit Jesus Christus. Dann bin ich oft überrascht über meine eigenen Worte, die nicht ich formuliere, die eher aus mir herauswachsen. Ich öffne mich und komme mir und Christus sehr nahe. Das ist ein Geschenk des Älterseins. Ich finde Freude, Ruhe und Sicherheit und kann immer mehr die sein, die ich bin. Ich kann mich und andere besser lassen. Es bleibt ein Prozess, durch den ich geführt werde.

Bereichernd erlebe ich auch meine Tätigkeit im Euthymia-Zentrum. Schwester M. Euthymia und die Menschen, die sie aufsuchen, lassen mich immer wieder staunen.

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