Wenige Streitthemen beim Treffen in Erfurt

Katholikentag-Halbzeit: Treffen plätschert entspannt dahin - mit Ausnahmen

Anzeige

Bundespräsident, Kanzler, Vizekanzler - sie alle sind wieder zum Katholikentag gekommen. Ansonsten aber deutlich weniger Besucher als zuletzt. Auch wenn das so geplant ist: Wie fällt die Bilanz zur Halbzeit aus?

Auch im kirchenfernen Erfurt will der Katholikentag ankommen. In der Altstadt rund um den imposanten Dom holpriges Kopfsteinpflaster. Eigens aufgestellte „Plauderbänke“ in grellen, fröhlichen Farben laden zum Zwischenstopp mit Zwiegespräch ein. Dazu als Starthilfe Schilder mit Impulsen wie „Was fragst du dich in diesem Moment?“

Tatsächlich kommen hin und wieder Menschen auf einer Bank ins Gespräch. Dass die Plauderbänke aber oft leer bleiben, mag auch am Wetter liegen. Der Himmel über Erfurt ist meist trüb in diesen Tagen, sogar von Unwettergefahr bis zum Abschluss am Sonntag ist die Rede. Und für etwas Donnergrollen im übertragenen Sinn sorgte die Katholikentags-Präsidentin selbst.

Irme Stetter-Karp pocht immer intensiver auf die seit langem diskutierten Reformen in der katholischen Kirche, bei denen es etwa um mehr Rechte von Frauen geht: „Meine Ungeduld ist groß, und nicht nur meine. Es ist genug geredet. Es muss gehandelt werden!“

Die Forderung nach mehr Tempo bei Reformen scheint aber fast das einzige Streitthema zu sein - abgesehen von einer lauten Störung des Auftritts von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) durch Klimaaktivisten. Der 103. Deutsche Katholikentag in Thüringen, wo nur jeder Fünfte einer Kirche angehört, fällt bewusst deutlich kleiner aus als seine direkten Vorgänger mit 70.000 und 27.000 Teilnehmenden. „Friede, Freude - Weitersuchen“ heißt die Abendrevue in einer Kirche - und mit diesem Motto lässt sich die Stimmung des gesamten Treffens in etwa auf den Punkt bringen.

Klar, auch im Superwahljahr 2024 geben sich Spitzenpolitikerinnen und -politiker ein Stelldichein bei den Katholiken: allen voran Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (evangelisch), Kanzler Scholz (konfessionslos), sein Vize Robert Habeck (konfessionslos, Grüne) ebenso wie Außenministerin Annalena Baerbock (evangelisch, Grüne) und weitere Regierungsmitglieder. Prompt kam der Vorwurf auf, die Podien seien politisch einseitig besetzt.

Die Veranstalter weisen das zurück: Mehr Vertreter der Ampel seien normal, schließlich säßen CDU und CSU derzeit nicht in der Regierung. Mit anderen Informationen dagegen halten sich die Organisatoren noch zurück. Auch auf Anfrage gibt es (anders als früher) keine Angaben zur Zahl der Dauerteilnehmer. Sie will man diesmal erst am Sonntagmittag nach dem Abschlussgottesdienst bekanntgeben.

„Der Katholikentag muss schmaler werden, damit er besser wird“, hatte der gastgebende Bischof Ulrich Neymeyr lange vorher angekündigt. Statt 1.500 Veranstaltungen wie vor zwei Jahren sind es jetzt noch rund 500. In zahlreichen Kirchen und Räumen, die von violetten Schals geprägten sind, laufen Diskussionen zum Beispiel über Klimagerechtigkeit, Abtreibung und künstliche Intelligenz.

Nicht nur die AfD, die in Teilen als rechtsextrem eingestuft ist, blieb in Erfurt erneut außen vor. Ob politische oder kirchliche Themen - die meisten Podien scheinen nicht unbedingt kontrovers besetzt. So fließt das Christentreffen im Großen und Ganzen fast so ruhig dahin wie die Gera durch Erfurt.

Dazu passt, dass auf dem Katholikentag jemand wie Kevin Kühnert die Werbetrommel für die Kirchen rührt. Statt auszutreten sollten Katholiken in der Kirche für Reformen kämpfen, rät der konfessionslose SPD-Generalsekretär. Und setzt noch eins drauf: „Diese Gesellschaft braucht auch starke Kirchen.“  Ansonsten wachse die Gefahr, dass Demokratiefeinde die Vorherrschaft übernähmen.

So viel demonstrative Harmonie ruft nach einer Fortsetzung. Falls Kühnert oder andere Gäste in Erfurt den QR-Code an einer Plauderbank gescannt haben sollten, werden sie weitergeleitet und stoßen auf die Frage: „Willst du weiter im Gespräch bleiben?“

Besuchen Sie uns beim Katholikentag!
Auch Kirche+Leben ist natürlich beim Treffen in Erfurt dabei. Zum einen zur aktuellen Berichterstattung, zum anderen mit einem Stand im Zelt der Nordbistümer Münster, Osnabrück, Hildesheim und Hamburg - zentral gelegen auf der Kirchenmeile auf dem Domplatz (DP-B-14). Schauen Sie gern rein, Chefredakteur Markus Nolte freut sich auf Sie!

Anzeige