Wiener Theologe: „Nicht religiöse Gründe vorschieben“

„Kirchen-Strukturreform aus Geldmangel“: Theologe Zulehner für Klartext

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Der Wiener Theologe Paul Zulehner fordert, die Motive für kirchliche Strukturreformen ehrlicher zu kommunizieren. Religiöse Gründe hält er für „vorgeschoben“.

Mehr Ehrlichkeit bei kirchlichen Strukturreformen fordert der Wiener Theologe und Religionssoziologe Paul Zulehner. Es sei besser, einzugestehen, dass das Hauptmotiv Geldmangel sei, als schwindende Ressourcen zu verschweigen und religiöse Gründe vorzuschieben, sagte er nach Angaben der österreichischen Presseagentur Kathpress: „Dann lässt sich ehrlicher darum ringen, wer entscheidet und welche Prioritäten bei den Entscheidungen eine Rolle spielen.“

Zulehner sieht die katholische Kirche in einer „Zeitenwende“ von einer Priesterkirche zu einer Taufberufungskirche. Er beruft sich auf eine im ersten Quartal 2024 durchgeführte, von der österreichischen Pfarrer-Initiative angestoßene Online-Umfrage.

Geringerer Stellenwert der Messfeier

In Vorträgen in Wien und Salzburg präsentierte Zulehner laut Kathpress erste Ergebnisse der Studie. In der „Priesterkirche“ werde die Pfarrei vom Priester her gedacht, in der „Taufberufungskirche“ vom Volk Gottes her. Wer erstere vertrete, erweise sich gegenüber Strukturreformen weitaus resistenter.

Zulehner wies auf ein gewandeltes Kirchenbild hin: Die Studie zeige große Zustimmung zur Aussage „Man kann auch ohne Sonntagsmesse ein guter Christ sein“. Das sei ein krasser Widerspruch zur Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils.

„Nicht depressiv den Untergang verwalten“

Der Theologe erläuterte, im Umkreis der Taufberufungskirche fänden von Frauen und Männern geleitete Wort-Gottes-Feiern hohe Akzeptanz, die Eucharistiefeier werde als „Quelle und Höhepunkt christlichen Lebens“ – so das Konzil – infrage gestellt.

Zulehner sagte, die Kirche dürfe „nicht den Untergang verwalten“, sondern müsse „den Übergang gestalten“. Er nehme aber eine „kräfteraubende, ja geradezu lähmende Kirchendepression“ wahr.

Nach Angaben Zulehners fordern viele Kirchenmitglieder einen entschiedenen „politischen“ Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung. Die Menschen wendeten sich gegen eine „tragische Selbstbeschäftigung der Kirche mit sich selbst“.

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