Chefredakteur Markus Nolte zu mehr Ordensleuten unter Kardinälen, Bischöfen und in Gemeinden

Klöster dürfen nicht Lückenstopfer einer reformunwilligen Kirche werden

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Vom Papst über die neuen Kardinäle bis zu deutschen Bischöfen und in die Gemeinden: Immer mehr Ordensleute übernehmen Verantwortung in der Gesamtkirche. Das mag ihr gut tun - doch der erste Schein birgt eine ernstzunehmende Gefahr, sagt Chefredakteur Markus Nolte.

Mit zwei Lungenflügeln atmet die katholische Kirche, sagt man. Gemeint sind etwa Schrift und Tradition. Oder Ost- und Westkirche. Die Logik: Macht eine Luftkammer schlapp, droht der gesamte Kirchenorganismus zu sterben.

Selten genannt, aber ganz offenbar zunehmend wesentlich sind zwei andere Lungenflügel: Jener der bischöflich verfassten Kirche mit ihren Diözesen und Pfarreien – und jener der Orden mit teils völlig autarken Strukturen.

Vakuum in der "bischöflichen Kammer"

Beide hüsteln nordhemispährisch ganz kräftig, um im Bild zu bleiben. Inzwischen droht den Klöstern vollends der Atem auszugehen. Nicht nur wegen fehlenden frischen Winds in den Noviziaten, sondern, weil ihnen zusätzlich ein mächtiges Vakuum in der „bischöflichen Kammer“ geradezu die Luft aussaugt. Da bahnt sich eine wahre Katastrophe an. – Einige Beobachtungen:

Kardinäle - Bischöfe - Gemeinden

Von den 21 just vom Papst ernannten neuen Kardinälen sind elf Ordensmänner – auch er selber entstammt ja dem Jesuitenorden.

In Deutschland sind inzwischen von 27 Diözesanbischöfen vier Ordensmänner, das hat es so noch nicht gegeben: der Benediktiner Gregor Maria Hanke (Eichstätt), der Salesianer Stefan Oster (Passau), der Herz-Jesu-Priester Heiner Wilmer (Hildesheim), seit kurzem der Benediktiner Dominicus Meier (Osnabrück).

Und die Pfarrseelsorge wäre ohne die vielen Ordensleute in einer nochmals dramatischeren Situation. In Münster leitet zudem ein Palottiner das Kirchengericht – und auch Kirche+Leben ist dankbar für einen Mönch als Theologischen Berater.

Gefahr für die Klöster

Dabei ist klar: Gerade die Klöster sind in dieser Kirchenkrise für viele Gläubige und Suchende wichtige Orte. Ihre konzentrierte und fundierte gelebte Spiritualität ist vielen authentisch und attraktiv. Wenn sie jedoch – nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen – zu Aushilfs- und Löcherstopfvereinen werden, um ein trotz klarer Therapiemöglichkeiten kollabierendes Kirchensystem zu beatmen, verlieren die Orden selber Kraft, Charisma, Ausstrahlung. Noch weniger Nachwuchs wäre die Folge. Die Kirche insgesamt verlöre forciert ein heute so dringend notwendiges spirituelles Korrektiv.

Es ist an den Orden, selbstbewusst zu beanspruchen, ihr eigenes Charisma leben zu können – besonders im gemeinsamen Gottesdienst. Das aufzugeben, weil das Weltpriestertum angeblich nicht zu ändern ist, verbietet sich.

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