Ursula Nothelle-Wildfeuer kritisiert Aussagen von Franziskus in Belgien

Theologin: Papst hält am Frauenbild des 19. Jahrhunderts fest

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Was ist typisch Frau? Papst Franziskus hat mit Aussagen in Belgien irritiert. Die Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer kritisiert, damit widerspreche sich der Papst selbst. Und sie fragt sich, welche Norm die Kirchen-Hierarchie da verordnen wolle.

Nach Ansicht der Theologin Ursula Nothelle-Wildfeuer widerspricht sich Papst Franziskus in jüngsten Aussagen zum Wesen der Frau selbst. "Wenn sie nicht gerade der Gruppe der Tradwives angehören, werden Gen Z und die Millennials, aber auch viele andere mit diesen Äußerungen noch ein Stück weiter aus dieser Kirche und von ihr weggetrieben", sagt die Freiburger Professorin der "Herder-Korrespondenz".

Franziskus hatte vor Studierenden und Lehrenden der Katholischen Universität Louvain in Belgien über Unterschiede von Frauen und Männern gesprochen: "Was für die Frau charakteristisch ist, was weiblich ist, wird nicht durch Konsens oder Ideologien festgelegt." In improvisierter Rede sagte er: "Frau ist fruchtbares Empfangen, Sorge, lebendige Hingabe - deshalb ist die Frau wichtiger als der Mann."

"Papst widerspricht eigener Enzyklika"

Nothelle-Wildfeuer sieht in den Äußerungen des Papstes einen Widerspruch zu seinen Aussagen in der Enzyklika "Fratelli tutti" von 2020. Damals habe er festgestellt, es hapere immer noch an der tatsächlichen Anerkennung der Würde für alle Menschen. Er habe festgestellt, dass drei Teilungen der Weltgesellschaft diese Geltung der Menschenrechte faktisch in Abrede stellten. Eine dieser Teilungen sei die Kluft zwischen Frauen und Männern.

Die Theologin ergänzt, deren Verhältnis werde von einer immer wieder neu auszulotenden Spannung zwischen den Polen Verantwortungsübernahme in Gesellschaft und Kirche, Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit, von Care-Arbeit und Karriere, Autonomie und Solidarität geprägt: "Nicht von einer hierarchisch verordneten Wesensbestimmung der Frau, die (wie in vielen anderen kirchlichen Fällen auch) den Zeitgeist des 19. Jahrhunderts zur Norm für das 21. Jahrhundert erklären will."

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