Erzbischof von Homs, Julian Yacoub Mourad, in Münster

Syrischer Erzbischof: Deutsche Politik verstößt gegen Menschenrechte

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Der syrisch-katholische Erzbischof von Homs, Julian Yacoub Mourad, kritisiert bei einem Besuch in Münster die deutsche Migrationspolitik – und zeichnet ein nach wie vor düsteres Bild der Lage in Syrien.

Den deutschen Umgang mit Flüchtenden aus Syrien kritisiert der syrisch-katholische Erzbischof von Homs, Julian Yacoub Mourad, als „Verstoß gegen die Menschenrechte“, als ungerecht und als „Sünde“. „Niemand hat das Recht, Menschen zum Sterben in ein Land zurückzuschicken“, sagte Mourad zu Kirche+Leben am Rande eines Besuchs in Münster.

Er wisse, dass mit Blick auf Geflüchtete auch über die Sicherheit vor Kriminalität, Terror und Islamismus diskutiert werde, so der Erzbischof: „Aber das sind Einzelne, nicht die ganze Gruppe.“ Menschen flüchteten aus existenzieller Not aus Syrien; sie wünschten sich Hilfe und, „dass ihnen zugehört wird“.

Mourad war Geisel des „Islamischen Staats“

Mourad (56) ist seit 2023 Erzbischof von Homs. Das Bistum gehört zum Patriarchat der Syrer von Antiochien, das mit Rom verbunden ist.

Der Ordenspriester wurde 2015 international bekannt, als ihn die Terrormiliz „Islamischer Staat“ aus einem Kloster entführte und mehrere Monate festhielt. Er schrieb darüber das Buch „Ein Mönch in Geiselhaft“.

Syrischer Erzbischof dankt für Unterstützung aus Kevelaer

Der Erzbischof besuchte das Bistum Münster, um für dessen finanzielle Unterstützung und die Hilfe der „Aktion Pro Humanität“ aus Kevelaer zu danken. Vor Journalisten in Münster forderte Mourad Deutschland und die EU auf, ein Ende der Sanktionen gegen „das Volk in Syrien“ zu erwirken.

Er wisse, dass es in Europa eine große „Sensibilität für Menschenrechte“ gebe, so der Geistliche. Um den Menschen in Syrien zu helfen, könne es ein Weg sei, direkt mit ihnen zusammenzuarbeiten und gemeinsame Hilfsorganisationen zu gründen. Es gebe orthodoxe und katholische Strukturen, auf denen sich aufbauen lasse. Auch Weihbischof Stefan Zekorn, Beauftragter für Weltkirche im Bistum Münster, forderte, „praktische Wege zu suchen, um nicht das Regime, sondern die Menschen in Syrien zu unterstützen“.

Kein Wiederaufbau nach dem Krieg

Deren Lage nannte Erzbischof Mourad katastrophal. Es gebe immer noch Regionen, etwa Idlib, in denen gekämpft werde. Seine Bischofsstadt Homs sei im Krieg zu einem Drittel zerstört worden, Aleppo zu 70 Prozent. Ein Wiederaufbau sei seit zehn Jahren so gut wie unmöglich, unter anderem wegen der internationalen Sanktionen.

Viele der zwei Millionen Einwohner von Homs lebten in Ruinen; Strom gebe es nur vier Stunden täglich zu wechselnden Zeiten. Das gelte selbst für die Hauptstadt Damaskus. Die Infrastruktur Syriens sei zerstört.

„Keine Schule funktioniert“

„Und keine Schule funktioniert“, betonte der Erzbischof. Ein Lehrer verdiene umgerechnet 25 US-Dollar im Monat, das reiche „für vier Tage“. Danach nehme ein Lehrer andere Jobs an, um zu überleben, er gebe zum Beispiel Privatstunden gegen Geld.

Das könnten sich viele Eltern nicht leisten, die oft noch weniger Geld verdienen würden. „Ihre erste Sorge sind Nahrungsmittel.“ Das gelte auch im eiskalten syrischen Winter. Mourad dankte für Geld des Bistums Münster, mit dem sein Bistum Heizöl für Familien habe kaufen können.

Wie die Kirche in Syrien hilft

Die Kirche und ihre karitativen Organisationen sind nach Worten des Bischofs „der einzige Bezugspunkt für alle Menschen in Syrien“. Alle anderen Organisationen seien von Korruption durchsetzt.

Die Bistümer unterhielten Ausgabestellen für Lebensmittelpakete, zudem gebe es Mietbeihilfen für Familien, Unterstützung für Bauern und Handwerker. Auch die Gesundheitshilfe sei ein wichtiges Thema.

Unterstützung aus Kevelaer

Hier unterstützt die „Aktion Pro Humanität“ (APH). Sie rüstete jüngst einen Kastenwagen mit medizinischer Basisversorgung aus. „Er fährt künftig jede Woche in fünf entlegene Orte und bietet Sprechstunden an, wenn nötig auch Krankentransporte nach Homs“, sagte Elke Kleuren-Schryvers von der APH.

Die Aktion seit weiter auf Spenden angewiesen. Der Unterhalt des Fahrzeugs koste etwa 5.000 Euro im Monat, um Medikamente aufzufüllen, Diesel und die Gehälter von Arzt, Krankenschwester und Fahrer zu bezahlen.

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