Thomas Sternberg zur Zusammensetzung der Synode im Vatikan

Die Weltsynode ist ein Schritt in die heutige Lebenswirklichkeit

Anzeige

Zur Weltsynode hat Papst Franziskus erstmals Laien, Frauen und Männer, als stimmberechtigte Mitglieder zugelassen. Ein längst überfälliger Schritt, sagt Thomas Sternberg in seinem Gastkommentar.

Zu Beginn der Bischofssynode verteidigte sich Papst Franziskus „im Blick auf einige Stürme des Geredes, hier und da“. Worum geht es? Er hatte sich entschlossen, auch Laien und Ordensleute, Männer und Frauen, als voll stimmberechtigte Mitglieder der Bischofssynode zuzulassen. Von den 368 stimmberechtigten Mitgliedern der Synodalversammlung sind 96 nicht Bischof, 40 weder Kleriker noch Ordensleute, 53 Frauen sind darunter.

Das ist anders als es das Kirchenrecht von 1983 bestimmt. Nun diskutieren Bischöfe und „Laien“, Frauen und Männer, Ordensleute und Theologen gemeinsam mit dem Papst an runden Tischen.

Erinnerungen an den Synodalen Weg werden wach

Das erinnert an den Synodalen Weg bei uns. Bischöfe und andere, durch Taufe und Firmung Befähigte. Sie berieten, gemeinsam in alphabetischer Ordnung platziert, über Fragen der kirchlichen Erneuerung, mit der Hoffnung auf Wiedergewinnung von Glaubwürdigkeit nach dem Skandal des Missbrauchs und dem damit einhergehenden Ansehensverlust der Kirche.

Für kaum einen Bischof war das ein Problem und die Äußerung Kardinal Woelkis vor der Presse kurz vor Abschluss der ersten Sitzung Anfang 2020 wurde auch von ihnen als peinlich empfunden. Schon beim Einzug zum Gottesdienst sei der Eindruck erweckt worden, dass Bischöfe und Laien gleich seien; „und das hat eigentlich nichts mit dem zu tun, was katholische Kirche ist und meint“.

Längst überfällige Anpassung an Selbstverständlichkeiten

Ins gleiche Horn stieß Kurienkardinal Ouellet mit seiner Behauptung, die vom Synodalen Weg geplanten Beteiligungsstrukturen seien nicht katholisch. „Das mag die Praxis anderer Kirchen sein, aber es ist nicht die unsere“, sagte er im Januar 2023 im Interview.

Das, was wir in Rom zurzeit erleben, ist ein weiteres, längst überfälliges Zeichen einer Anpassung der Sozialgestalt der Kirche an Selbstverständlichkeiten des Lebens heute. Es ist da Vieles zu verändern, ohne dass der soziale Dienst, der Glaube oder gar die Eucharistie infrage gestellt würde. Aber nach 1978 hatte man in Rom geglaubt, man könne sich neuen Entwicklungen entgegenstemmen.

Papst setzt Zeichen für synodale Ordnung

Der Autor:
Thomas Sternberg aus Münster war von 2015 bis 2021 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), der obersten gewählten Vertretung der katholischen Laien. Heute ist er Präsident der Kunststiftung NRW in Düsseldorf, einer Einrichtung des Landes Nordrhein-Westfalen.

Es gab erste Schritte zur Angleichung an die moderne Lebenswelt schon vor 50 Jahren. Der große Reformpapst des 20. Jahrhunderts, Paul VI., führte zum Beispiel die Dienstzeitbegrenzung des Bischofsamtes ein. Erst seit 1975 kennen wir pensionierte Bischöfe – und nur dadurch war auch ein pensionierter Bischof von Rom denkbar.

Auch die Räte in den Gemeinden und auf Ebene der Diözesen sind längst mehr geworden, als es das Kirchenrecht vorsieht, das den „Laien“ nur eine Beratung der Entscheidungsträger zubilligt. Solch ein Rat soll jetzt auch für die Ebene der Bischofskonferenz eingerichtet werden. Die Zeit einer Kirchenverfassung mit Herrschaft von oben nach unten ist de facto längst schon vorbei.

Mit der Zulassung von Nicht-Bischöfen hat der Papst ein Zeichen gesetzt für eine synodale Ordnung, wie er sie als sein Programm für die Kirche seit Jahren fordert. Demokratische Elemente gehören zur Kirche seit ihren Anfängen. Gemeinsam die Kirche so zu gestalten, dass sie glaubhaftes Zeichen ist, dem dient die gemeinsame Anstrengung aller, begründet in ihrer Würde als Getaufte und Gefirmte.

In unseren Gast-Kommentaren schildern die Autor:innen ihre persönliche Meinung zu einem selbst gewählten Thema. Sie sind Teil der Kultur von Meinungsvielfalt in unserem Medium und ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Anzeige