Lukas Färber über Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen

Die Zukunft der Demokratie braucht Investitionen - in die Jugend

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Konnte die AfD deshalb so bei Jugendlichen punkten, weil sie so aktiv auf TikTok war? Wer so denkt, macht es sich zu leicht, findet Lukas Färber in seinem „jungen Kommentar“. Und wird Jugendlichen nicht gerecht.

Seit Sonntag ist erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft in einem Landesparlament. Die Ergebnisse in Thüringen und Sachsen kamen nicht überraschend, und doch sollten sie für jede*n Demokrat*in erschütternd sein.

Schon einige Tage zuvor zeugten auch die Ergebnisse der U18-Wahlen in den beiden Bundesländern von der Stärke der AfD. Die Frage, warum die Rechtsextremist*innen auch unter jungen Menschen Erfolge feiern können, führte schon nach der Europawahl zu adultistischen, oftmals verkürzten Analysen.

Nicht zielführende Reaktionen auf AfD-Stärke

„Die Jugend“ wird darin als homogene Gruppe dargestellt, und damit werden die Vielfalt und die differenzierten Wahlentscheidungen junger Menschen ignoriert. Politiker*innen flüchten sich aus ihrer Verantwortung, indem sie TikTok zur Ursache für die Stärke der AfD erklären. Wenn man jedoch ein echtes Interesse daran hat, junge Menschen nachhaltig für die Demokratie zu gewinnen, sind solche Reaktionen nicht zielführend.

„Die Jugend von heute“ wächst in einer Welt der Krisen auf – Klima, Corona, Wirtschaft, Krieg in Europa … – und hat zu oft die Erfahrung gemacht, dass ihre Bedürfnisse dabei als letztes berücksichtigt werden. Jugendliche müssen mit ihren Bedürfnissen, ihren Ideen und Visionen, aber vor allem auch ihren Ängsten und Sorgen von der Politik ernst genommen und in politische Entscheidungen eingebunden werden.

Deplatzierte Debatten über Kürzungspläne

Der Autor
Lukas Färber (26) arbeitet als Sozialpädagoge in der kommunalen Jugendbeteiligung und studiert Soziologie und Politikwissenschaft. Er ist ehemaliger Diözesanleiter der KjG im Bistum Münster sowie Mitglied des Synodalen Weges. 

Jugendlichen brauchen positive Demokratieerfahrungen, damit sie ihre Selbstwirksamkeit spüren können. Deswegen müssen Jugendverbände und andere Akteur*innen der Jugendbeteiligung und politischen Bildung gestärkt werden. Sie bieten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen wichtige demokratische Erfahrungs- und Lernorte. 

Debatten über die Kürzung von Landes-, Bundes- oder Bistumsmittel für Jugendverbandsarbeit und politische Bildung sind deplatziert. Es braucht endlich eine verlässliche finanzielle Förderung, die sich den steigenden Kosten und wachsenden Herausforderungen anpasst.

Jugendliche sind keine TikTok-Marionetten

Jugendliche sind keine homogene Masse, sie sind keine TikTok-Marionetten und keine Bürger*innen zweiter Klasse und sollten auch nicht von Verantwortungsträger*innen als solche behandelt werden. 

Es braucht jetzt die richtigen Entscheidungen, damit unsere Demokratie auch in Zukunft von aufrichtigen Demokrat*innen gelebt und gestaltet wird – und das geht nicht kostenlos.

„Niemand soll dich wegen deiner Jugend geringschätzen!“, ermutigt der 1. Timotheusbrief (4,12) seinen Empfänger Timotheus. Und in der 1.500 Jahre alten Benediktsregel rät der heilige Benedikt, bei wichtigen Dingen alle Brüder anzuhören, „weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist“ (RB 3,3). Darum kommen in unserer Rubrik „Der junge Kommentar“ ausdrücklich Autor:innen unter 30 Jahren mit ihrer persönlichen Meinung zu einem selbst gewählten Thema zu Wort. Sie sind ein Beitrag zu einer Kirche, deren Anliegen es ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.

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