Themenwoche: Wie klappt es mit der kirchlichen Flüchtlingsarbeit? (4)

Flüchtlingshilfe – was wurde aus den Initiativen der Pfarreien?

Anzeige

Während des großen Zustroms von Flüchtlingen 2015 haben sich unzählige Pfarreien im Bistum Münster für diese Menschen engagiert. Wie steht es neun Jahre später um diese Initiativen? Was hat sich verändert, und warum? Nachfrage in Rheine und Borken.

Herbst 2015: Immer mehr Geflüchtete aus dem Bürgerkriegsland Syrien erreichen Deutschland. In vielen Gemeinden des Bistums Münster organisieren Ehrenamtliche erste Hilfen.

Herbst 2024: Neun Jahre und eine Pandemie später hat sich vieles geändert. Einige Initiativen wurden eingestellt – an ihre Stelle sind inzwischen andere getreten.

Sprachcafé in Rheine: Aktion, die es nicht mehr gibt

Eine der Aktionen, die es heute nicht mehr gibt, ist das Sprachcafé der Gemeinde St. Dionysius Rheine. Zwölf Ehrenamtliche hatten das wöchentliche Café 2015 gestartet, um den Geflüchteten durch persönlichen Kontakt beim Deutschlernen zu helfen. Die Einschränkungen der Corona-Pandemie zwangen die Initiative im Frühjahr 2020, die Cafétüren zu schließen – eigentlich vorübergehend.

Ähnlich ging es dem Café Netzwerk der Gemeinde St. Remigius Borken. Auch hier hatten sich die Frauengemeinschaft und einige Ehrenamtliche für einen Begegnungsort für Migranten und Bürger starkgemacht. Auch hier ging es nach Corona nicht weiter.

Warum Aktionen in Gemeinden ausliefen

Themenwoche: Wie klappt es mit der kirchlichen Flüchtlingsarbeit?
„Wir schaffen das!“ Dieser Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts vieler Geflüchteter sorgte vor neun Jahren für Aufsehen. Die Herausforderungen waren enorm, inzwischen haben sich jedoch viele Prozesse eingespielt. Das freiwillige Engagement ist an vielen Orten weiterhin hoch. Dennoch wird im Moment eine hitzige, in großen Teilen unsachliche politische Debatte geführt. Kirche+Leben hat in Pfarreien gefragt, wie es mit der Flüchtlingsarbeit klappt. Außerdem kommt der ehemalige CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz zu Wort, der die politische Debatte und die Rolle der Kirchen einordnet.

Dass das Sprachcafé und Initiativen wie in Borken nicht weitergeführt wurden, hat laut Matthias Werth verschiedene Gründe. Der Pastoralreferent von St. Dionysius ist im Netzwerk „Interreligiöser Dialog“ engagiert und hatte das Sprachcafé unterstützt.

„Viele Aktionen für Migranten laufen heute nicht mehr über die Kirchengemeinden“, sagt Werth. Die Angebote seien in anderer Weise implementiert, zum Beispiel durch Integrationskonzepte in den Städten selbst, bei Verbänden wie der Caritas oder durch freie Initiativen. Da die verschiedenen Akteure inzwischen zusammenarbeiten und sich in Netzwerken organisieren, ist manche Aktion in Pfarreien auch überflüssig geworden.

Wie sich die Pfarreien heute noch engagieren

Die Kirchengemeinden brächten sich auch weiter ein, betont Werth. Neben einzelnen bestehenden Formaten allerdings eher beratend und unterstützend.

„Natürlich gibt es immer Schnittmengen. Aber wir haben gar nicht die Kapazitäten, diese Angebote dauerhaft allein zu stemmen.“ Einige Ehrenamtliche haben sich während der Pandemie anders orientiert, einige Helfer sind altersbedingt ausgeschieden.

Wie sich die Lage der Geflüchteten verändert hat

In Borken hatten einige Freiwillige versucht, das Café nach der pandemiebedingten Pause wieder zu starten. Doch auch die Situation der Geflüchteten hat sich verändert.
Viele der 2015 nach Deutschland Gekommenen sind inzwischen gut integriert. Sie sprechen Deutsch, haben eigene Kontakte aufgebaut. Kurz: Die Hilfesuchenden brauchen die Unterstützung inzwischen nicht mehr.

Für die seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine nach Deutschland geflüchteten Menschen gibt es wieder eigene Initiativen. Anders als die Geflüchteten 2015 können sie aber auf gewachsene Netzwerke zurückgreifen.

Anzeige