Themenwoche „Auszeit vom Alltag“ (4)

Auszeit für Flugkapitän Finke: Autogenes Training ja, Alkohol nein

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Was dem Piloten Ludger Finke nach anstrengenden Schichten geholfen hat, auch mental abzuschalten.

Ich bin 38 Jahre Berufspilot bei der Lufthansa-Gruppe gewesen – Condor, Lufthansa, Germanwings. Meine Basis war Düsseldorf, später Frankfurt. Pilot zu sein, das ist ein sehr schöner, aber natürlich auch anstrengender und alles andere als familienfreundlicher Beruf.

Um „runterzukommen“, hat sich für mich autogenes Training bewährt. Und oft war ich an dem Ort, wo ich gerade Aufenthalt hatte, auch joggen – im Berliner Tiergarten zum Beispiel. Da trifft man dann ab und zu sogar Bekannte. Zum Beispiel ist mir dort einmal Philipp Mißfelder über den Weg gelaufen, der CDU-Bundestagsabgeordnete für meine Heimatregion, der dann leider 2015 jung verstorben ist.

Einfach mal auf dem Hochsitz Ruhe finden

Themenwoche „Auszeit vom Alltag“
Viele Menschen fahren in diesen Wochen in den Urlaub. Einfach mal ausspannen, die Seele baumeln lassen. Doch was ist mit einem Landwirt, einem Manager, Mönch, Piloten oder einer Mutter? Kirche+Leben hat nachgefragt: Brauchen auch Sie eine Auszeit?

Manchmal habe ich mich als Jäger auch schon auf den Hochsitz begeben, aber nicht zum Jagen, sondern einfach, um Ruhe zu finden. Mitunter habe ich sogar meine Flinte zu Hause gelassen.

Was sich nicht bewährt hat? Was nicht funktioniert, ist Alkohol. Man meint, dann gut einschlafen zu können, aber man schläft nicht gut und nicht tief. Das bringt nichts, davon kann ich nur abraten. Und natürlich gilt ohnehin während der Arbeitszeit ein striktes Alkoholverbot, aber auch 24 Stunden vorher darf man keinen Alkohol trinken.

Unfall beendet berufliche Laufbahn

Ich selbst habe meine berufliche Laufbahn, die 1977 begonnen hatte, mit 58 Jahren beendet. Ein um Haaresbreite verhinderter schwerer Unfall bei einem Flug, über den ich im Detail nicht sprechen möchte, hat mich am Ende doch so stark belastet, dass ich flugunfähig wurde. Erst dachte ich, das ließe sich meistern, aber es hat sich anders herausgestellt. Da kommt man dann mit den üblichen Bewältigungs-Methoden nicht mehr weiter.

Heute ist aber alles wieder so weit in Ordnung, dass ich ohne Weiteres das Steuer eines Flugzeugs übernehmen könnte, wenn es einen Notfall im Cockpit gäbe.

Jetzt mehr Zeit für die Familie

Angehende Piloten werden zwar nicht explizit vom Unternehmen mit Methoden versorgt, wie sie „runterkommen“ können. Dafür ist schon jeder selbst zuständig. Aber die meisten wissen gut, worauf sie sich einlassen, haben im Freundes- und Bekanntenkreis Menschen, die schon Piloten sind. Ich selbst blicke gerne auf meine berufliche Laufbahn zurück. Was mir auch geholfen hat, war, dass man mit sehr netten und hochprofessionellen Kolleginnen und Kollegen zu tun hatte – im Cockpit und in der Kabine.

Heute habe ich keinen Stress mehr. Ich verbringe Zeit mit meiner Familie, bin zudem in der örtlichen CDU aktiv – seit Kurzem bin ich Ehrenvorsitzender -, und ich frische meine Französisch-Kenntnisse auf. Neulich war ich mit einer städtischen Reisegruppe in unserer französischen Partnerstadt Cesson-Sévigné in der Nähe von Rennes. Nicht mit dem Flugzeug, sondern mit dem Bus.

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