Laurentius Schlieker OSB: Nur Mut zu Verletzlichkeit!

Auslegung der Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B

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Wo kein Vertrauen ist, da ist kein Glaube und Jesus Christus kann nicht wirken. Zu glauben kann Menschen verletzlich werden lassen, doch es lohnt sich, sagt Pater Laurentius Schlieker und legt die Lesungen dieses Sonntags aus.

„Und sie nahmen Anstoß an ihm“ (Mk 6,3). Ein großes Hindernis, einen Menschen wirklich zu kennen und zu würdigen, liegt darin, dass man mit ihm vertraut ist und meint, über ihn Bescheid zu wissen. Jesus hat das in seiner Heimatstadt erlebt. Man kannte diesen Zimmermann aus ihrer Mitte und staunte über sein Wirken als Wanderprediger in Galiläa. Wie kann Gott sich gegenwärtig zeigen in einer Person und in Situationen, für die wir unsere gewohnten Erklärungen haben? Wie soll sich uns eine tiefere Welt offenbaren, wenn sie uns im Alltäglichen und Vertrauten entgegentritt?

Jesus als den Gesandten von Gott her konnten die Leute von Nazareth nicht erkennen und würdigen. Wo kein Vertrauen, kein Glaube ist, da kann Jesus nicht wirken. Gibt es auch in meinem Leben ein „Nazareth“, in dem Jesus nicht ankommen kann? Kann ich noch staunen über die geheimnisvolle Gegenwart Gottes um mich herum, auch in meinem alltäglichen Leben?

Gottes Vorhaben

Die Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B zum Hören finden Sie hier.

Der Heilige Geist kann mit seiner Kraft in uns handeln, wenn wir ihn darum bitten, um uns in eine Aufmerksamkeit zu führen, in der wir uns, ohne Bedingungen zu stellen, für das öffnen, was Gott mit uns vorhat. Wir können nicht immer achtsam und aufmerksam sein, wenn uns ein heilendes Wort angeboten wird, auch werden wir misstrauisch oder haben Befürchtungen, wenn uns Worte von Gott gesagt werden, die uns einschränken und uns verletzlich machen können.

Der Prophet Ezechiel wusste, dass sich die Menschen lieber auf ihre eigene Kraft verlassen und lieber weghören, wenn er etwas zu verkünden hatte, das ihnen nicht gefiel. Er glaubte aber an die bleibende Chance, dass auch die scheinbar erfolglose Botschaft bei den Hartherzigen doch noch ankommen kann: die Befreiung von Gott her für sein Volk, das teilweise im Exil lebte. Unabhängig vom Erfolg seines Wirkens steht Ezechiel ein für den treuen Gott des Bundes.

Glauben macht verletzlich

Jesus waren die Probleme der Propheten bekannt, er erlebte und erlitt ihr Schicksal. Haben sich die Verhaltensweisen der Menschen von Ezechiel über Jesus bis auf uns geändert? Vermutlich sind wir die gleichen Leute. Wenn uns das, was wir hören, nicht passt, findet wie bei Jesus das prophetische Wort unserer Tage kaum Widerhall. Es wird ignoriert oder abgelehnt. Oder wir wollen mit dem Herzen hören und bitten um die Gnade, aufnehmen zu können, was uns aus Liebe geschenkt wird, auch wenn es nicht leicht anzunehmen ist.

Der Apostel Paulus erinnert daran, dass wir zulassen müssen, durch unseren Glauben verletzlich zu werden, denn der Heilige Geist wirkt vorzugsweise durch unsere Schwächen. Paulus hat den Herrn Jesus dreimal gebeten, ein lästiges Leiden zu beseitigen, einen „Stachel im Fleisch“ (2 Kor 12,7). Was immer Paulus belastet hat: Die Antwort Jesu ist von Bedeutung. Jesus hört die Bitte seines Jüngers und antwortet ihm direkt: „Meine Gnade genügt dir, denn die Kraft wird in der Schwachheit vollendet.“ Ob uns eine solche Auskunft auf Anhieb behagt?

Die Macht des Auferstandenen

Paulus hat diese Auskunft bejaht und weitergegeben. Er weiß aus eigener Erfahrung, dass Leiden eine Komponente menschlicher Existenz ist, für ihn sogar eine wichtige Erfahrung im Leben bedeutet. Wenn er davon erzählt, was er erlitten hat, bezeugt er zugleich die Macht Jesu, die sich ihm darin mitgeteilt hat: „denn wenn ich schwach bin, bin ich stark.“

Paulus verherrlicht das Leiden nicht, vielmehr ist er überzeugt, dass uns nichts von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, trennen kann (Röm 8,39). Wir sollten nicht erwarten, dass Jesus uns vor Leiden schützt, sondern dass unsere Schwäche zum Anlass werden kann, die Macht des auferstandenen Christus zu erfahren.

Beistand in der Not

Jesus verkündet kraftvoll das Kommen des Gottesreiches und heilt, aber in der vertrauten Heimat ist er fremd, ist dort nicht mehr zu Hause. Er ist zu Hause bei Gott, der ihn bei der Taufe im Jordan „mein geliebter Sohn“ (Mk 1,11) genannt hat und dessen Geist ihn erfüllt und beflügelt. Die Evangelien berichten, wie die Ablehnung Jesu fortschreitet und ihn, der seinem himmlischen Vater und zu seiner Sendung treu bleibt, schließlich zum Tod am Kreuz führt.

Jesus Christus beschenkt uns in der Feier der Eucharistie mit der Speise des ewigen Lebens. Er hat gelitten und kann uns beistehen in der Bewältigung unserer Leiden, damit auch wir unsererseits die Leidenden nicht allein lassen.

Sämtliche Texte der Lesungen vom 14. Sonntag im Jahreskreis / Lesejahr B finden Sie hier.

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