Reaktionen: EU-Bischof Overbeck, Caritas und jüdische Funktionäre

Kirchenvertreter: Nach Europawahl „verlässliche Kräfte“ in der Pflicht

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Nach der Europawahl verweisen Kirchen-Stimmen auf die Mehrheit für europafreundliche und „verlässliche“ Parteien. Zugleich müsse das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte Folgen haben. Jüdische Vertreter äußern sich sehr besorgt.

Der für EU-Themen zuständige Bischof Franz-Josef Overbeck sieht im deutschen Europawahl-Ergebnis eine Stärkung der Europäischen Union. „Die Europawahl zeigt, wenn wir auf das Ergebnis in Deutschland schauen, dass die demokratischen und europaverlässlichen Kräfte als Gesamt gestärkt wurden“, sagte der Essener Bischof der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Er warnte zugleich: „Das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte muss uns Mahnung sein: Wir müssen mit allen Kräften unsere Demokratie verteidigen. Demokratie ist nicht selbstverständlich, sondern braucht ein engagiertes Bekenntnis!“ Overbeck ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Europa der Deutschen Bischofskonferenz und Delegierter bei der EU-Bischofskommission COMECE.

Caritas zur Europawahl: Haltet den Laden zusammen

Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, sagte der KNA, allen „erschreckenden Stimmenzuwächsen der Populisten zum Trotz“ seien die Feinde der EU „bei uns eine Minderheit geblieben“. In Deutschland habe die große Mehrheit der Wählerinnen und Wähler der Politik den Auftrag erteilt: „Haltet den Laden zusammen!“

Es gehe „um ein Europa der offenen Grenzen und der offenen Herzen, ein Europa, das Begegnungen leicht macht und sozialen Ausgleich unterstützt, ein Europa, das digitale Teilhabe für alle sicher gewährleistet und die planetaren Grenzen in internationaler Verantwortung schützt“, so Welskop-Deffaa weiter. Es brauche eine rasche Einigung auf eine Spitze der EU-Kommission, die „dieses Erbe in die Zukunft trägt“.

Auschwitz-Komitee sieht Europawahl als „Zäsur“

Das Internationale Auschwitz Komitee wertet das Europawahl-Ergebnis als „deprimierende Zäsur“: „In immer mehr Ländern gewinnen nationalistische und rechtsextreme Parteien an Einfluss, die eigentlich den europäischen Gedanken verachten, der doch aus den Schrecken des Zweiten Weltkrieges und dem mörderischen Horror der Lager erwachsen ist“, sagte Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner während eines Aufenthalts in der KZ-Gedenkstätte Auschwitz.

Für Holocaust-Überlebende bleibe Europa die große Hoffnung, so Heubner. Deshalb sollten die anderen Parteien im Europa-Parlament diese europäische Idee schützen und der Agitation und Hetze rechtsextremer Kräfte gemeinsam entgegenstehen.

Zentralrat der Juden: Europawahl „kein Protest mehr“

Der Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, angesichts des Europawahl-Ergebnisses könne man nicht mehr von Protestwahlen sprechen. Es müsse allen demokratischen Kräften zu denken geben, dass in Deutschland rechts- und linkspopulistische Parteien ein Fünftel der Wählerstimmen bekommen haben, erklärte Schuster: „Das ist kein Protest mehr.“

Dass gerade die AfD „mit ihren eindeutigen Bezügen zu rechtsextremem Gedankengut und Verbindungen ihrer Spitzenkandidaten zu diktatorischen Regimen ein solches Ergebnis erreichen konnte, beunruhigt mich sehr“, so Schuster. Die AfD wurde mit 15,9 Prozent der Stimmen in Deutschland zweitstärkste Kraft; das neue BSW erreichte 6,2 Prozent.

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